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10.02.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
Ausstellung: "Ici l'Autriche, pays ami!"
Musiker-Exil in Frankreich: Eine Schau des Orpheus Trust im Wiener Palais Clam Gallas.

Früher oder später müsse sie ohnehin auswandern, schrieb die bekannte Sopranistin Margit Bokor an Staatsoperndirektor Erwin Kerber im Dezember 1938. Für die Ausreise in die USA benötigte sie ein "Sittenzeugnis", dessen Ausstellung gewöhnlich mehrere Wochen dauerte. "Wenn hingegen die Staatsopern-Direktion es verlangt, geht es sicherlich rasch", bat die Sängerin ihren ehemaligen Arbeitgeber um Hilfe. Kerber half (sein Ansuchen unterfertigte er säuberlich mit "Heil Hitler"), Bokor schaffte es über Paris nach New York.

Für sie war Frankreich nur eine Durchgangsstation, viele jüdische Musiker, die in den 30er Jahren aus Deutschland und Österreich fliehen mussten, blieben aber. Paris entwickelte sich zum Magneten für deutschsprachige Künstler. Die Reihe berühmter Namen reicht von Leon Askin über Rudolf Kolisch bis Hanns Eisler. Eine Ausstellung des Orpheus Trust im Palais Clam Gallas veranschaulicht nun anhand von Briefen, Fotos, gefälschten Ausweisen ihr Schicksal.

Wie unterschiedlich dieses ausfallen konnte, wird an den Lebensgeschichten von Josef Beer und Norbert Glanzberg deutlich: Glanzberg, erfolgreicher Komponist für UFA-Filme von Billy Wilder und Max Ophüls, gelang es, in Frankreich als Chanson-Schreiber Fuß zu fassen. Mit Edith Piaf, der er zahlreiche Lieder widmete, verband ihn eine spektakuläre Liebesgeschichte, auch im Widerstand war Glanzberg äußerst aktiv. Der 1934 für seinen "Prinz von Schiras" gefeierte Operetten-Komponist Beer hingegen musste aus seinem Versteck in Südfrankreich Kompositionen an Kollegen verkaufen, um überleben zu können. An seine einstigen Erfolge konnte er nach dem Krieg nicht mehr anschließen.

Immerhin blieb ihm das Schicksal vieler Kollegen wie Karl Farkas oder Leon Askin erspart, die ab 1939 als "étrangers indésirables" in Internierungslager gesperrt wurden. Einige dieser "unerwünschten Ausländer" arbeiteten später aber eng mit der Résistance zusammen und vermittelten so das Bild eines anderen, widerständigen Österreich: Als französische Truppen 1945 in Westösterreich einmarschierten, errichteten sie Tafeln mit der Aufschrift "Ici l'Autriche, pays ami" - "Hier ist Österreich, ein befreundetes Land". hd

Zu sehen bis 6. März, Mo-Fr von 9.00 bis 20.00. Eintritt frei.

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