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40. Messe für Kunst und Antiquitäten: Von Schiele zum Mobilklo

05.11.2008 | 18:19 | NICOLE SCHEYERER (Die Presse)

In der Hofburg ist von der Finanzkrise nichts zu spüren: erlesene Auswahl, gute Verkäufe.

Die „emotionale Dividende“, die „Bluechips der Lebensqualität“, die „immaterielle Rendite“: In Zeiten der Finanzkrise bläht sich das Vokabular auf, mit dem Antiquitätenhändler den besonderen Wertzuwachs ihrer Ware anpreisen. „Lieber in etwas investieren, das Spaß macht“, ist die aktienkritische Devise. Von der wirtschaftlichen Schräglage ist auf der 40. Messe für Kunst und Antiquitäten in der Hofburg nichts zu spüren: schon zur Vernissage starker Besucherandrang und gute Stimmung. In ihrer jahrzehntelangen Geschichte hat die Messe schon viele Krisenzeiten durchtaucht.

Optimistisch der Kunsthändler Eberhard Kohlbacher: „Der Trend zu Sachwerten ist erst im Kommen.“ Der hochkarätige Stand von Wienerroither & Kohlbacher führt das Angebot an, Egons Schieles Gemälde „Mutter und Kind I“ ist mit 9,5 Mio. das teuerste Messeexponat: Für das Fragment des verschollenen Gemäldes „Drei Mütter“ werden vor allem Museen angesprochen. Erlesen auch die Auswahl von Klimt-Zeichnungen, mit vielen Studien zu berühmten Porträts. Verkauft für einen „sechsstelligen Betrag“: ein Akt von 1916/17.

Auch den Stand von Kovacek schmücken vier wunderschöne Zeichnungen Klimts: Mit starkem Strich hielt er 1902 eine kauernde „Wollust“ oder eine nachdenkliche „Poesie“ fest: Aktstudien für das Monumentalgemälde Beethovenfries um 150.000€. Schon abgeholt: Carl Molls Gemälde „Blick über Wien“ (75.000 €).

 

Eule mit Pablo Picassos Augen

Das auf französische Möbel spezialisierte Welser Kunsthaus Wiesinger kommt seit 39 Jahren zur Messe. „Bemerkenswert, dass eine Veranstaltung so lange gut ist“, lobt Petra Popp-Wiesinger. Bereits verkauft: zwei Transition-Kommoden (60.000€); Highlight am Stand: ein Louis-Seize-Secrétaire mit Landschaftsdarstellungen.

Vom regelrechten „Run auf Antiquitäten“ in Deutschland berichtet der Bamberger Händler Walter Senger, er fürchtet nur um Nachschub an guter Ware. Unter seinen größten Kostbarkeiten: eine um 1480 aus Lindenholz geschnitzte Apostelgruppe (165.000€), ein Wiener Kabinettschrank von 1735 mit 66 gemalten Bildtafeln.

Mit geballtem Ticktack tritt die Galerie D & S an, deren antike Uhren langsame, aber stetige Wertsteigerung versprechen. Spitzenstücke sind immer schwieriger zu finden, betont Kristian P. Scheed.

Eine Rarität tat der Händler mit einer französischen Uhr mit komplettem Orgelwerk von 1795 auf, verziert mit weißem Marmor und feuervergoldeten Bronzen.

Auf dem Stand der Fotogalerie WestLicht gucken Pablo Picassos lustige Augen aus einer gezeichneten Eule: 1,9 Mio. € das Blatt. Die Galerie Thoman war mit Arnulf Rainer erfolgreich, Philipp Konzett mit Otto Mühl und Günter Brus.

Kritik der Kollegen („Passt nicht hierher“) indes für ein mit Samt ausgepolstertes Mobilklo von Lukas Pusch bei Konzett. Puschs angekündigte Performance wurde aus „feuerpolizeilichen Gründen“ abgesagt. Humor gehört offenbar nicht zu den Stärken der Messe.

In der Hofburg bis 9.November, 11–19 Uhr.


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