Kultur

Kunst, Zahlen und Nichts

06.06.2007 | SN
HEDWIG KAINBERGER

8601 und 52 und 75 sind die Zahlen, mit denen sich nun das angeblich Teuerste fassen lässt, was lebende Künstler zu bieten haben und was seit dem vorigen Wochenende in der Londoner Galerie "White Cube Mason's Yard" ausgestellt ist. 8601 ist die Zahl der Diamanten, die der britische Künstler Damien Hirst auf einem Totenschädel angebracht hat. 52 ist die Zahl der Karat, die der Solitär auf der Schädelstirn hat. Und 75 ist die Zahl jener Euro-Millionen, die - nach Wunsch des Künstlers - ein Käufer für dieses Werk zahlen sollte.

Trotz dieser opulenten Investition kann Hirst mit den Toten noch nicht mithalten. Unter den Top 10 des Kunstmarkts sind Werke von Pollock, Klimt, Picasso, Van Gogh, Renoir, Rubens - alle längst tot. Offenbar steigert der Tod den Preis.

Damien Hirst hat für seinen, ach, so neuen, diamantenbesetzten Schädel das älteste Genre gewählt, dass es gibt: Seit dem Frühmittelalter haben Menschen Reliquien gesammelt, zu horrenden Preisen gehandelt und zur Schau gestellt. Knochen und Schädel waren die ersten "Ready-mades" wie Marcel Duchamps Flaschenhalter - also Gegenstände, die aus ihrer üblichen Umgebung (dem Sarg) herausgenommen und woanders ausgestellt werden (früher in Kirchen, nun in Museen).

Im Barock wurden diese Reliquien bekleidet oder mit Edelsteinen verziert, um den Eindruck der Kostbarkeit zu intensivieren. Damien Hirst gelingt eine weitere Steigerung: So viele Diamanten wie er konnte sich vermutlich kein Kaiser und kein Papst leisten.

Allerdings: Was bleibt bei all den glitzernden Diamanten vom Schädel zu sehen? Nichts. Vor lauter Gier nach Kostbarkeit ist das Eigentliche verloren. Kunst, die nach maximalem Preis giert, verliert das Wesentliche. Welch ein Memento mori für den Markt!

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