Pasolinis "menschlicher" Heiland
Repressive Reaktionen auf die Kunst von Seiten der Kirche
gibt es schon lange. Am schärfsten reagiert die Kirche, wenn
sie quasi auf eigenem Territorium herausgefordert wird und
Themen aus der Bibel aufgegriffen werden. So war es bei Pier
Paolo Pasolinis "Das erste Evangelium - Matthäus" (1964). Der
mit Laiendarstellern gedrehte Film wurde allerdings nur von
einem fundamentalistischen Kern auf Grund der
"Vermenschlichung" des Heilands kritisiert, während es im
Vatikan nach der Aufführung 40 Minuten Applaus gab.
Schreckgespenst Achternbusch
Gegen Herbert Achternbuschs "Das Gespenst" (1982) gab es
Widerstand auf breiter Front. Die bayerische
Auferstehungs-Parabel bekam von der katholisch dominierten
Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) wegen Blasphemie keine
Freigabe. Zehn Jahre später wurde der Film in Deutschland vor
Gericht rehabilitiert, in Österreich ist er bis heute
verboten.
Familienleben statt Opfertod
Was Achternbusch im deutschsprachigen Raum schaffte, gelang
Martin Scorsese 1988 weltweit mit "Die letzte Versuchung
Christi" (mit Willem Dafoe). Seine verunsicherte und innerlich
zerrissene Jesus-Figur, die vom Teufel mit der Vision eines
friedlichen Familienlebens versucht wird, wurde als
gotteslästerlich angesehen. Die Folge waren Stürme der
Entrüstung. Kinos weigerten sich, den Film zu zeigen, es gab
Protestmärsche, vereinzelte Vorführungen mussten wegen
Bombendrohungen abgesagt werden. Bei diversen Premieren rissen
Zuschauer ihre Sitze aus der Verankerung und schleuderten sie
gegen die Leinwand.
Kreuzigung zum Mitsingen
Mit Satire haben sich viele Moralhüter (egal welcher
Religion) auch lange vor "Popetown" schon schwer getan. Man
denke nur an Monty Pythons "Das Leben des Brian" (1979). Eine
Kreuzigung zum Mitsingen ("Always look on the bright Side of
Life"), eine Prophetenmutter, die das Gegenteil einer Jungfrau
ist, und ein Messias, der keiner sein will - Stoff, der
Kirchenvertreter nicht so amüsiert.
Mel Gibsons Gewalt-Porno
Nicht die Fundamentalisten, sondern die aufgeklärten
Christen fühlten sich von Mel Gibsons "Die Passion Christi"
(2004) provoziert. Gibson schürte mit seinem effektvollen,
extrem blutrünstigen Splatter-Film über die letzten Stunden
Jesu vor der Kreuzigung Angst und Schrecken im
Kinosaal.
vom 18.05.2006 |