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16.09.2003 19:40

Die Dichands in der Zwickmühle
"Krone"-Aufruf gegen den Soravia-Wing

Elisabeth Leopold, Ehefrau des Sammlers, hat ja Recht, wenn sie Hans Holleins Bullaugenfenster im Kellergeschoß der Albertina "hässlich" findet. Auch ihre Befürchtung, das Aludach, das Ende Oktober auf der Augustinerbastei montiert werden soll, werde "wie ein Messer ins Stadtbild" ragen, ist nachvollziehbar. Elisabeth Leopold rief daher das Denkmalamt an und die Bevölkerung auf, die "architektonische Sünde" zu verhindern.

Sie tat dies vergangenen Sonntag in der Kronen Zeitung. Fast logischerweise: Herausgeber Hans Dichand hatte Rudolf Leopold immer wieder Platz eingeräumt, wenn es darum ging, die Wichtigkeit von dessen Sammlung zu betonen. Und die Krone setzte die Regierung Mitte der 90er-Jahre gehörig unter Druck, um deren Ankauf zu erwirken.

Auch dass sich die "Leopoldine" in die Belange eines anderen Museums einmischt (was Kulturministerin Elisabeth Gehrer gar nicht gerne sieht), hat seine Gründe: Gegen den Willen des Stifters wurde Klaus Albrecht Schröder 1996 zum kaufmännischen Doirektor des Leopold Museums ernannt. Und dieser äußerte sich Ende 1997 in der New York Times recht negativ über Leopold. In der Folge wurde das Bildnis Wally beschlagnahmt. Der Sammler giftet sich noch immer über Schröder, der nun Direktor der neuen Albertina ist.

Die Brandrede "Damoklesschwert über Wien" in der Krone verwundert dennoch. Weil Christoph Dichand, Chefredakteur von Vaters Gnaden, mit Erwin Soravia nicht nur befreundet ist: Sie besitzen Anteile am Dorotheum wie am Internetaktionshaus One- twosold. Und die beiden Soravia-Brüder finanzieren eben den Soravia-Wing der Albertina samt Aludach.

Einerseits unterstützt Herausgeber Hans Dichand den Sammlerkollegen Leopold, andererseits ist Christoph Dichand den Soravias verbunden. Wie kam es also, dass in der Krone der Aufruf zum Widerstand gegen das Soravia-Flugdach veröffentlicht wurde? (DER STANDARD; Printausgabe, 17.09.2003)


von Thomas Trenkler

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