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Quer durch Galerien

Die Erosion mit Namen Krieg

Von Claudia Aigner

300 Jahre Wiener Zeitung!Es ist ungefähr so, als wenn man bei einer begnadeten Hausfrau oder einem begnadeten Hausmann in die Speis schaut, zu
den eingerexten Kompotten, und . . . nein, besser man schaut ins Kinderzimmer in die volle Wiege und fragt: "Selbstgemacht?" Und bekommt zur Antwort: "Nein, adoptiert." Noch besser wäre natürlich die Frage (beim Anblick der schnullerseligen nächsten Generation in der Wiege): "Is des des Original?" Und die Antwort: "Na, der Klon."
Und eigentlich ist es ja vielmehr wie bei den Fertiggerichten, jenen "Readymades", die man aufwärmt und auf einen Teller wirft, um stolz zu verkünden: Das ist ein echter Reinhard Gerer. Elaine Sturtevant hat nämlich eine fulminant bekannte Kuh adoptiert bzw. geklont bzw. aufgewärmt. Eine violette Wiederkäuerin. Falsch: Nicht die zarteste Versuchung, seit es lila Kühe gibt, Kühe, die ganz avantgardistisch Kakao statt Milch geben und die die Schweizer Almen mit Milchschokolade zuschei . . . Es ist stattdessen die nicht minder violette Kuh von Warhols Kuhtapete. Mit der hat die Sturtevant das Mezzanin volltapeziert (Karl-Schweighofer-Gasse 12, bis 22. November). Gut, der Teint ist nicht absolut originalgetreu.
Ist das jetzt eine Fälschung, ein Plagiat oder eventuell bloß eine Hommage? Aber es wird noch komplizierter. Für ihre "Kopie" von Warhols Blumensiebdrucken hat sie sich gar vom Meister die Originalsiebe ausgeborgt. Und Warhol selbst, der die Blumen ja auch nur aus zweiter Hand (einem Pflanzenkatalog) hatte, hat es ja mit dem, was man Original nennt, auch nicht so genau genommen. Signierte alles, was die Autogrammjäger in ihren Einkaufssackerln hatten (Suppendosen, Bananen . . .). Sogar ein Baby (aus dem Uterus, nicht aus dem Sackerl), das seinen Keimzellen völlig unbekannt war und das er damit streng genommen zum Opus seiner Lenden erklärte.
Hochstapelei hoch zwei: In den Videos "Dillinger Running Series" gibt sich Sturtevant als Beuys aus, der da gerade John Dillinger ist und sich in den letzten Sprint des Gangsters hineinfühlt, der am 22. Juli 1934 langsamer war als die Kugeln des FBI (bevor Reliquiensammler dann das Outlaw-Blut mit Taschentüchern auftunkten wie Gulaschsaft mit dem Weißbrot). Ich bin unschlüssig, ob Sturtevant ein plakatives oder raffiniertes (oder ein raffiniert plakatives) Spiel mit dem Phänomen "Original" treibt. Die originale Aura schwirrt hier freilich noch herum.
Da hat nicht einfach der Zahn der Zeit genagt, sondern die viel rasantere "Erosion" mit Namen Krieg. Die schaurig schön ruinösen, pittoresk unheimlichen Paläste, die Brian McKee in Afghanistan mit der gemächlichen, schweren Studiokamera geradezu meditativ aufgesaugt hat, sind Opfer des fast vergessenen Krieges zwischen den Sowjets und Afghanen. Das Pathos einer einsam stehenden Wendeltreppe, eine Geisterstadt, in der Leute oder Autos "herumgeistern", weil die Menschen hier wider Erwarten nicht ausgestorben sind. Beeindruckende, beinhart klassisch komponierte Fotos. Bis 19. November im hilger contemporary (Dorotheergasse 5).
Klaus Mosettig (bis 22. November beim Janda, Eschenbachgasse 11) hat nicht vor, die "Frucht der Erkenntnis des Süßen und des Sauren" zu erschaffen, veredelt aber trotzdem verbissen seine acht Apfelbäumchen kreuz und quer. (Veredelung - die arrangierte Ehe unter Obstbäumen.) Die Wunden, Blüten und Früchte präsentiert er in Leuchtkästen. Spricht quasi in der Sprache der Obstbauern vom Zwischenmenschlichen. Höchst interessant. Und Milena Dragicevic kommentiert die vorletzte Regierungsbildung, indem sie die Wotruba-Kirche auf den Kopf stellt.

Erschienen am: 14.11.2003

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