Sie passen wieder in unsere Zeit, auch wenn sie an
Wohnzimmerwänden noch undenkbar sind: Bilder des 19. Jahrhunderts, die
schön und detailreich gemalt teils kühle, teils schwüle Idyllen
provozieren.
"Salonkunst" gab es in Frankreich, der Heimat dieser anfangs alle zwei
Jahre stattfindenden Ausstellungspraxis Salon mit dichter Hängung in
Reihen übereinander, in Russland, im viktorianischen England. Bei uns
zeigt sich Ähnliches im Historismus der Ringstraßenära, man bleibt jedoch
"biedermeierlicher" im Geschmack.
Voll verlogene Erotik
Seit etwa zwei Jahrzehnten sieht der Direktor der Kremser Kunsthalle,
Tayfun Belgin, die Salonkünstler wieder ins allgemeine Interesse
zurückkehren und für Makart oder den Russen Ilja Repin gilt das als
bewiesen. Andere "Schinken" wie das Katastrophenbild "Die Sintflut" von
Iwan Aiwasowski oder die Venus ohne Schamhaar von Henri Gervex gelten wohl
zu Recht immer noch als sentimental, voll verlogener Erotik und damit
seicht.
#Der Salon als Treffpunkt
Das Thema Salon als gesellschaftlicher Treffpunkt und
Diskussionsplattform für gemachte oder zerstörte Karrieren, für Festlegung
eines "bürgerlichen Realismus" in all seinen Facetten, ist ganz sicher ein
wichtiger Neuansatz. Natürlich geht es auch um Publikumsinteresse und
sollte dabei die Formelhaftigkeit und Einmündung dieser Kunstrichtung in
faschistische und kommunistische Regime nicht vergessen werden. Dass ein
anderer Ast sich aber im Surrealismus verzweigt und auch die
wissenschaftliche Detailtreue dieser Kunst durch Ökonomie und Positivismus
ausgelöst wurden, bleibt spannend. Doch wird es wohl noch eine Weile
dauern bis der Weg des Reinheitsanspruchs der Avantgarde wirklich gern
verlassen wird.
Leider sind die fotografischen Ergänzungen des Fotoateliers Karl Balla
in St. Petersburg um 1875 nicht in den Katalog integriert, der sich
gegenüber der Üppigkeit der Bilder wieder als sparsame Schmalspurvariante
erweist. Doch sind auch das ökonomische Zeichen unserer Zeit.
Bis 30. Juli
Täglich von 10-18 Uhr
http://www.kunsthalle.at/
Schön statt rein.
Mittwoch, 15. März
2006