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Kunstberichte
Das Leopold Museum zeigt die Schau "Cézanne – Picasso – Giacometti. Meisterwerke der Fondation Beyeler"

Reise von Picasso nach Melanesien

Marc 
Chagalls "Das gelbe Zimmer" (Ausschnitt) ist ein Prunkstück 
der Schau. Foto: VBK Wien

Marc Chagalls "Das gelbe Zimmer" (Ausschnitt) ist ein Prunkstück der Schau. Foto: VBK Wien

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Die Sammlung Beyeler beschwört das Erinnerungsbild des Seerosenteichs vor dem Museumsbau von Renzo Piano in Basel-Riehen und der Seerosenbilder Claude Monets im Inneren. Der Kunsthändler Ernst Beyeler und seine Frau Hildy haben sich 1994 den Traum vom privaten Museum leisten können, der Bau gilt als das weltweit schönste Domizil für eine Privatsammlung.

Paris und New York waren im Fokus des Galeristen, der von Picasso bis Lichtenstein an die 15.000 Werke in sechzig Jahren handelte. Für die Fachwelt galt er als absolute Autorität, weshalb die etwa 200 von ihm nie verkauften Exponate besonders wertvolle Stücke sind.

Es gibt Ähnlichkeiten und Unterschiede zum Sammlerpaar Rudolf und Elisabeth Leopold in Wien: Neben der speziellen Leidenschaft für die klassische Moderne, wenn auch auf anderen Feldern, liebte das Ehepaar Beyeler auch afrikanische und melanesische Stammeskunst, Beyeler lernte sie wohl durch Picasso und andere "seiner" Künstler schätzen. Zuweilen gaben sie freilich mehr Geld für Bilder aus, als sie besaßen.

Durch die hohe Qualität der Beyeler-Bilder kann jetzt dieser Austausch zwischen den Sammlungen stattfinden. Mit 45 Werken ist immerhin fast ein Viertel der renommierten Fondation Beyeler im Leopold Museum zu sehen. Damit ist es die größte Schau im Ausland bisher. Hier hat man dafür das Erdgeschoß mit seinem Schwerpunkt "Wien um 1900" geräumt und Hauptwerke nach Basel geschickt, wo Klimt, Schiele oder Kokoschka bis Jänner zu Gast sind.

Die beiden kantigen Sammlerpersönlichkeiten starben in diesem Jahr, Rudolf Leopold hat aber noch selbst die Auswahl getroffen und vor allem um die frühkubistische "Frau" Pablo Picassos aus dem Kreis der "Demoiselles d’Avignon" von 1907 gekämpft, die Basel noch nie verlassen hat. Die drei Künstlernamen Cézanne, Picasso und Giacometti stehen für Werkgruppen, aber schon in der Aula, die mit großen Fotofolien die Architektur Pianos nach Wien bringt, zeigt die Skulptur "Iris" von Auguste Rodin, dass einzig Meisterwerke präsentiert werden, die in jedem Standardwerk der Kunstgeschichte zu finden sind.

Die Hängung folgt daher neben der Chronologie vom Spätimpressionismus in die Pop-Art eher ästhetischen Kriterien. Mit Marc Chagalls "Das gelbe Zimmer" von 1911 oder Wassily Kandinskys Abstraktion "Fuge" von 1914 gibt es Gemälde, die durch ihre Farbenpracht je eine eigene Wand benötigen. Interessant ist die Durchmischung mit den Skulpturen, vor allem wenn die anonymen Holzschnitzmeister aus Nigeria mit einem der rotzigen Frühwerke Georg Baselitz’ von 1965 in Kontakt treten. Andy Warhols Porträt des Künstlerkollegen Joseph Beuys mit Diamantenstaub wiederum vermag Assoziationen zum Schamanismus mit seinen Masken hervorzurufen. Die Devise "weniger ist mehr" vertritt diese Schau ganz besonders, bei Beyelers Auswahl ging es eindeutig um Tiefe des Gehalts und Eigenart – in die Breite sammelte er zweifellos nicht.

Aufzählung Ausstellung

Cézanne – Picasso – Giacometti
Meisterwerke der Fondation Beyeler
Elisabeth Leopold, Franz Smola, Patricia Spiegelfeld (Kuratoren)
Leopold Museum bis 17. Jänner 2011



Printausgabe vom Freitag, 17. September 2010
Online seit: Donnerstag, 16. September 2010 17:23:00

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