Galerie St.Stephan: Jörg-Sasse-Ausstellung

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Eine Ausstellung mit den neuesten Arbeiten des Foto-Künstlers Jörg Sasse wird Donnerstagabend in der Galerie nächst St. Stephan eröffnet. Es ist dies die erste Einzelschau Sasses in Österreich, der zuletzt mit einer umfassenden Werkschau in der Kunsthalle Bremen vertreten war. Zu sehen ist die Schau bis 22. Juni.

Die computermanipulierten Fotografien des 1962 in Düsseldorf geborenen Künstlers, der später Meisterschüler in der legendären Schule Bernd Bechers wurde, gehört zu den bemerkenswertesten Fotokünstlern seiner Generation. Für kultur.ORF.at hat Sabine Oppolzer die Schau besucht.

Irritierende Arbeiten

Die Fotoarbeiten von Jörg Sasse irritieren. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, warum: es ist Tag und zugleich Nacht. Objekte bewegen sich und stehen zugleich still. Ein ganz reales Haus steht auf einer Wiese in bizarrem Grün und wirkt doch unwirklich, weil ihm der Schornstein fehlt und der Weg, auf dem ein Mensch in das Haus gelangen könnte.

Jörg Sasse auf die Frage, nach welchen Gesichtspunkten er seine Bilder kreiere: " Die ehrlichste Antwort wäre: ich sehe das. Das erklärt natürlich nicht sehr viel. Ich versuche, zu einem Bild zu kommen, das Kraft behält, auch wenn ich mich umdrehe und weggehe. Für mich sind die wichtigsten Arbeiten in der Kunst jene gewesen, von denen ich nicht auf eine erschlagende Art eingenommen wurde, wenn ich davorstehe, sondern auf eine Art, die mich immer wieder zu ihnen zurückgebracht hat."

Ausgangspunkt: Amateur-Fotos

Ausgangspunkt seiner Arbeit sind Amateurfotografien aus den letzten 5 Jahrzehnten, die der Künstler gesammelt hat. Am Computer verändert er die Bilder nach seinen Bedürfnissen.

"Ich baue die Mauer quasi am Rechner, erfinde den Teil, der fehlt und baue ihn dazu. Das ist keine Zauberei. Das machen 15jährige wahrscheinlich nicht ganz so perfekt, weil sie nicht die Muße dazu haben, sich so lange damit zu beschäftigen. Aber vom Prinzip her weiß das wahrscheinlich jeder 15jährige, wie es funktioniert", erklärt Sasse.

Banale Bild-Ausschnitte

Das Resultat: fast banale Bildausschnitte, die aber immer äußerst präzise komponiert sind, wie Galeristin Rosemarie Schwarzwälder erklärt: "Und dennoch schauen wir besonders hin, weil wir vielleicht das Klima einer Landschaft spüren und weniger die Realität. Er reduziert mehr auf primäre Strukturen."

Klima eines Bildes

Spuren des menschlichen Lebens sind aus diesen Fotografien zumeist verschwunden. Was bleibt, ist das Klima eines Bildes. Das macht auch den starken Reiz einer Arbeit wie "Hotel Lapien" aus, das die Galeristin so beschreibt:

"Auf einem leicht angeschnittenen Hügel sehen wir so einen 50er Jahre Hotelbau, sehr kühl. Und man denkt: ja, das ist Deutschland, wenn man mit dem Auto durch die Gegend rast. Und das hat eine Kälte und eine Einsamkeit, die man vielleicht von Turner oder anderen Künstlern kennt. Es ist auch eine Verzerrung, wie er mit diesem vier- oder fünfstöckigen Hotel umgeht. Es sind ja auch keine Menschen zu sehen."

Effekt durch Farbgebung

Der unwirkliche Eindruck entsteht vor allem durch die Farbgebung, die ausgesprochen künstlich anmutet. Für Jörg Sasse unterliegt die Wahrnehmung von Farbe ähnlichen Schwankungen wie der Geschmack.

"Das kann man sich leicht denken, wenn man sich vorstellt, alte Papierabzüge aus den 70er Jahren zu sehen, weil die auch anders gemacht waren. Denn es war technisch bedingt noch diese Farbigkeit da und dann kam noch der Alterungsprozess dazu. Es war also eine bestimmt Farbigkeit, wo Rot-Ton-Stichigkeit ganz vorherrschend ist. Das macht ja auch ein ganz bestimmtes Assoziationsfeld auf", erklärt Sasse.

Becher-Schüler

Sein Handwerk gelernt hat Jörg Sasse in der legendären Klasse von Bernd Becher an der Kunstakademie in Düsseldorf. Aus dieser Schule ging eine ganze Generation von Fotokünstlern hervor, wie Thomas Struth, Thomas Ruff oder Andreas Gursky.

"Das Besondere war, was man zumindest in Deutschland weg zu reglementieren versucht: es gab eine große Offenheit und Freiheit. Es gab in dem Sinn keine Klasse, wo man sich zu einem bestimmten Termin traf, jemand referierte und die anderen mitschrieben, sondern es gab einen ziemlich klaren Austausch auf einer nahezu kollegialen Ebene. Wobei immer klar war, wer derjenige war, der mehr wusste", erinnert sich Sasse.
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