Zauberhaft wild muß es damals zugegangen sein, 1973, im
Raum des Westfälischen Kunstvereins in Münster: Farbiges Neonlicht,
Dutzende kreisrunde Spiegel in Augenhöhe, großformatige Leinwände zum
Aufblicken darüber, verwirrende Collagen in Kniehöhe. "Original und
Fälschung" war die erste Ausstellung des damals 32jährigen Sigmar Polke in
einer öffentlichen Kunst-Institution.
In allen erdenklichen Stilen - skizzenhaft,
altmeisterlich, ornamental, die Pop-Art zitierend - trieb Polke sein Spiel
mit der Aura des Originals, seiner Verfielfältigung wie auch
Interpretation und Inspiration. Ergänzend zu seinen großformatigen
ironischen Mal-Ergüssen wie einem Porträt in Glitter-Farben nach Antonello
da Messina oder Rubens, stellte Polke je eine Collage, ein
"Kommentarbild", aus Zeitungsausschnitten, wissenschaftlichen Photos,
Sujets aus der Werbung. Irritierend banal wirkt meist der oberflächliche
Zusammenhang zur Malerei durch Formzitate, Farben oder Inhalte. Die
Verwirrung war perfekt, die showmäßige inszenierte Präsentation tat ihr
übriges.
Ein würdig anarchischer Einstieg in den musealen Rahmen,
aus dem der in Schlesien geborene Künstler heute nicht mehr ausbrechen
kann. So felsenfest erdet ihn hier sein Marktwert: Bereits das vierte Jahr
hält sich der deutsche Maler-Star an der Spitze der "Capital"-Rangliste
der Gegenwartskünstler.
Eine wahrhaft goldene Nase bewies also der Sammler Hans
Grothe dereinst in Münster, als er in einem Rausch der Begeisterung gleich
die gesamte aufsehenerregende Polke-Präsentation vom Fleck weg kaufte und
so den Grundstock für seine heute zu den bedeutendsten zählende Sammlung
deutscher Kunst nach 1960 legte. Nur ein einziges Mal war der Zyklus in
seiner Gesamtheit aus 38 Gemälden und fast eben so vielen Collagen danach
ausgestellt; 1974 im Kunstmuseum Bonn.
Das Rupertinum in Salzburg schließt jetzt diese schon
beinahe kunsthistorisch zu nennende Lücke - fast zu unspektakulär, leider.
In nur einen Stock, bestehend aus zwei Räumen, wurden die kostbaren
Leihgaben zusammengepfercht. Die Kommentarbilder wechseln sich mit den
150x125cm großen Leinwänden ab, alles brav beschriftet.
Keine Spur mehr vom schrägen Pop-Glamour, an den sich der
damalige Leiter des Westfälischen Kunstvereins, Klaus Honnef, im Katalog
erinnert. Hier sind die Abbildungen der Paare wenn möglich auch in der
ursprünglichen Hierarchie untereinander gesetzt. Die einst zwischen den
Bildern auf Augenhöhe angebrachten Spiegel scheinen über die Jahre
verlorengegangen zu sein, die farbige Beleuchtung allein hätte ziemlich
sicher peinlich gewirkt.
Nur im Bild Nummer 15, die Musikband und die "Rockets"
von New York, zwinkern schelmisch kreisrunde Spiegelelemente. Denn paßt
nicht gerade diese spröde Musealisierung von Relikten einer provokanten
Aktion - eben eine Verfälschung - wieder hervorragend in Polkes Konzept?
Bis 6. April. Täglich 10 bis 18 Uhr, Mi. 10 bis 21
Uhr.
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