Bussmann, Paglen und Pernice in der Secession

25. November 2010, 13:55

Ausstellung dreier Positionen mit "größtmöglichem Abstand"

Wien - Ein sanft gezeichneter Strandspaziergang auf 21 Meter Faxpapier, teleskopisch getätigte Fotografien supergeheimer US-Militäreinrichtungen und ein skurriles Museum ausrangierter, postapokalyptischer Alltagsgegenstände: Mit ihren aktuellen Ausstellungen wird die Wiener Secession ihrer Strategie "des größtmöglichen Abstands" zwischen den gleichzeitig gezeigten Positionen durchaus gerecht. Maria Bussmann, Trevor Paglen und Manfred Pernice füllen bis 13. Februar das Haus mit neuen Arbeiten, die sich "nicht ergänzen und nicht fortschreiben", meinte Secessionspräsident Andras Palffy am Donnerstag bei der Presseführung vor der abendlichen Eröffnung.

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Alles scheint irgendwie zusammengeschustert in Manfred Pernices "Sculpturama" im Hauptraum: Die Drehtische aus Holz- und Fliesenresten, die Tassen, Servietten, Vasen, alte Ghettoblaster und Schokoladenpackungen, Plastikgeschenke von Mcdonald's - und viele kleine Papierschildchen, die jedes dieser Objekte als museal ausweisen. Mit einer leichten Gänsehaut wird man von dem Gefühl beschlichen, sich in einem postapokalyptischen Geschichtsmuseum zu befinden, wo das ehemals Beifällige zur archäologischen Sensation geworden ist. Dann wieder öffnet sich die "Sculpturama" des Berliner Künstlers von einer erhöhten Plattform aus zu einem Spielfeld der Gesellschaftskritik: Ordnungssysteme, Wertkategorien, Präsentationsformen dürfen hier einfach aufhören.

Leise Töne schlägt Maria Bussmann im Grafischen Kabinett an: Eine 21 Meter lange Rolle alten Faxpapiers ist hier locker Wellen schlagend auf einem schlichten Holzgestell aufgerollt. Be-zeichnet hat Bussmann die Papierstrecke bei einem Sommeraufenthalt in Long Beach nahe New York City. In früheren Arbeiten (über)setzte Bussmann in ihren filigranen Zeichen-Sprachen philosophische Schlüsselwerke von Wittgenstein oder Spinoza - diesmal hat sie sich auch inhaltlich Urlaub gegönnt und schlicht und durchaus ergreifend einen scheinbar endlosen Strandspaziergang dokumentiert. Wellen, Meer, Sand, Steinchen, dunkle und helle Himmelsbewegungen - ein wenig sind die meditativen Bleistiftlinien tatsächlich wie ein Fax mit unendlich decodierbaren Morsepünktchen.

Codes und Geheimdienste, "Black Sites" des US-Militärs und Spionage im All sind das Thema des US-Künstlers und Geografen Trevor Paglen, der die Galerie der Secession mit seinen Fotografien bestückt hat. Er hat schon "einige Leute ziemlich wütend gemacht", erzählte er, mit seinen selbst gebastelten Teleskopkameras, die aus weiter Entfernung geheime Militärstützpunkte und Satellitenbewegungen festhalten. Dass es ihm dabei nicht nur um Enthüllung, sondern um Kunst im Spannungsfeld von Beweisführung, Fantasie und Wahrnehmungstäuschung geht, zeigt nicht nur die Tatsache, dass diese Bilder im Keller einer Künstlervereinigung hängen. Sie sind auch recht schön anzuschauen. (APA)

 

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