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derStandard.at | Kultur | Kultur & Politik 
06. März 2007
19:00 MEZ
Zur Person:
Claudia Schmied, 1959 in Wien geboren, war bis Anfang Jänner Vorstandsmitglied der Kommunalkredit Austria. 
Foto: APA/Gindl
Die Mittel sind knapp. Daher meint Claudia Schmied: "Es muss uns gelingen, neue Ertragsquellen zu erschließen."

"Wann ist Kunst Kunst?"
Um den Mehrbedarf im Kunstbereich zu finanzieren, kündigt SP-Kulturministerin Claudia Schmied im STANDARD-Interview die Einführung neuer Steuern an

STANDARD: Alfred Gusenbauer hat Ihnen das Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur kurzfristig angeboten. Da das Koalitionsabkommen zu dem Zeitpunkt bereits ausverhandelt war: Wie sieht eigentlich Ihr Handlungsspielraum aus?

Schmied: Das Koalitionsabkommen ist so formuliert, dass sehr viele Möglichkeiten zur Gestaltung vorhanden sind.

STANDARD: Man könnte auch sagen: Das Abkommen ist sehr schwammig formuliert.

Schmied: Man kann sagen: Es ist schwammig. Aber man kann auch sagen: Es eröffnet viele Spielräume. Das ist eine Frage der Betrachtung.

STANDARD: Wie sieht Ihr Spielraum aus? Was spielen Sie?

Schmied: Ich spiele im Augenblick das gute Ankommen. Mein Grundsatz ist: Einarbeiten in konzentrischen Kreisen.

STANDARD: Das haben Sie jetzt zwei Monate gemacht.

Schmied: Und das werde ich weiterhin machen. Zudem stehen große Entscheidungen bevor. Stichwort Staatsoper. Wir starten den Ausschreibungsprozess mit dem künstlerischen Leiter. Die Ausschreibung wird am 10. März veröffentlicht. Die Bewerbungsfrist läuft bis 21. April. Bis Ende Mai werde ich Gespräche mit weiteren Kandidaten führen. Die Entscheidung will ich in der ersten Juniwoche treffen. Da sich der künstlerische Direktor mit dem kaufmännischen Leiter verstehen muss, werde ich die Ausschreibung dieser Funktion im Juni veranlassen. Damit wir im Sommer das Duo fixiert haben.

STANDARD: Soll der Staatsoperndirektor ein Dirigent oder Sänger sein? Oder ein Nonplaying-Captain?

Schmied: Da bin ich ganz offen. Ich freue mich auf viele interessante Gespräche.

STANDARD: Es heißt, dass Bundeskanzler Gusenbauer den Sänger Neil Shicoff präferiert.

Schmied: Die Entscheidung treffe ich.

STANDARD: Mit einer Gesetzesnovelle statten Sie Georg Springer, den Chef der Bundestheaterholding, mit mehr Macht aus: Die Verteilung der Mittel auf die Häuser erfolgt künftig durch ihn - und nicht mehr aufgrund eines Schlüssels. Staatsoperndirektor Ioan Holender reagierte erbost.

Schmied: Es geht mir darum, die effektive Verteilung sicherzustellen. Eine zentrale Aufgabe der Holding ist für mich die Finanzverantwortung und das Finanz-Clearing. Es ist daher nur konsequent, diese Klarheit fixiert zu haben. Wenn man Leitungspersönlichkeiten einsetzt, dann muss man ihnen auch Kompetenz geben. Sonst macht die Holdingkonstruktion wenig Sinn.

STANDARD: Im Entwurf zur Novelle stehen als Summe der Basisabgeltung nur vier X. Die Bundestheater haben einen zusätzlichen Finanzbedarf von zehn Millionen Euro. Alternative zu einer Budgeterhöhung gibt es keine. Welche Summe wird nun eingesetzt?

Schmied: Das gibt der Finanzminister am 29. März in seiner Budgetrede bekannt. Ich nenne davor keine Zahlen.

STANDARD: Wie sehen Sie dieser Rede entgegen? Optimistisch? Oder bitten Sie um Nachsehen für gewisse Niederlagen?

Schmied: Ich sehe ihr mit großer Zuversicht entgegen. Es wird zum Beispiel mehr Mittel für den Film geben. Aber da die Unternehmen und die Bürger nicht so gern Steuern zahlen, sind die Mittel, die verteilt werden können, knapp. Es muss uns daher gelingen, neue Ertragsquellen zu erschließen. Damit wird sich eine interministerielle Arbeitsgruppe befassen.

STANDARD: Also - neue Steuern.

Schmied: Ja. Wir denken zum Beispiel daran, Abgaben auf ausländische Filme einzuheben, um die Filmproduktion im Inland anzukurbeln.

STANDARD: Hollywoodfilme zu besteuern, könnte eine Wettbewerbsverzerrung bedeuten.

Schmied: Einzelne EU-Länder haben eine solche Abgabe bereits. Wir werden das prüfen.

STANDARD: Die SPÖ versprach die Anhebung der Kulturausgaben des Bundes um rund 200 Millionen Euro auf ein Prozent des Gesamthaushaltes . . .

Schmied: Das werden wir 2007/2008 leider nicht erreichen. Deshalb braucht es eben andere Finanzierungsquellen.

STANDARD: Wird das Budget für die Kunstförderungen um zumindest vier Prozent angehoben, um die bereits beschlossene Kürzung der Ermessensausgaben aufzufangen?

Schmied: Ich kann nur sagen: Es wird in keinem einzigen Fall zu Kürzungen kommen.

STANDARD: Wie stehen Sie zur Absetzbarkeit von Sponsoring oder Kunstankäufen?

Schmied: Das ist eine lange Diskussion. Und ein heikles Thema. Wann ist ein Kunstwerk ein Kunstwerk? Das halte ich für schwierig in der Umsetzung. Denn das sehen wir ja auch bei der Künstlersozialversicherung: Wann ist ein Künstler ein Künstler, um Anspruch zu haben?

STANDARD: Die Künstlersozialversicherung ist nur ein Pensionszuschuss. Bis wann wollen Sie das Problem gelöst haben?

Schmied: Die Mindesteinkommensgrenze ist eine Ungeheuerlichkeit. Ich dachte, dass ich das per Verordnung abstellen kann. Aber das geht nicht. Wir brauchen eine Gesetzesnovelle. An der wird gearbeitet.

STANDARD: Und wie wollen Sie die Künstlersozialversicherung finanzieren?

Schmied: Es gibt die Einnahmen aus der Satellitenabgabe.

STANDARD: Diese Einnahmen werden nicht reichen.

Schmied: Wir werden Simulationsrechnungen machen. Und es wird sich ausgehen - in diesem Fall auch ohne neue Steuern. (Claus Philipp, Thomas Trenkler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 3. 2007)


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