Der Maler A. R. Penck – geboren als Ralf
Winkler 1939 in Dresden – gehört neben Georg Baselitz oder Gerhard
Richter zu den großen Stars der deutschen Malerei nach 1945.
Mit dem kürzlich verstorbenen Jörg
Immendorf arbeitete er kurz im Kollektiv, ließ aber auch andere
Vereinigungen hinter sich, nachdem er 1980 aus der ehemaligen DDR
ausgebürgert wurde. Seine Malerei hatte schon in Dresden, scharf vom
sozialistischen Regime kritisiert, mehr mit Ethnologie, Art brut und
Kinderkunst als mit Realismus zu tun.
Zwischen Ost und West
Nebenbei interessierten A. R. Penck die Systemtheorie und der
politische Protest gegen den kalten Krieg zwischen Ost und West. Daher
nannte er seine frühen Historiengemälde, im Stil zwischen Höhlenmalerei
und Graffiti angesiedelt, auch ironisch "Weltbilder" – in ihnen
balancieren Strichmännchen gestenreich auf Brücken zwischen zwei
Kontinenten. Penck bezeichnete damals den Osten Deutschlands als Wüste,
den Westen als Dschungel. Politische Konzepte begleiten auch seine
"Standart"-Serie.
Legendärer Name
Zur Demaskierung des real existierenden Sozialismus der DDR wählte
er einen Übertitel, der auch heute noch andere Erinnerungen auslöst:
"Mike Hammer", der bekannte Held der Mickey Spillane Trivial
Detektivromane, diente ihm nebenbei als eines seiner vielen Pseudonyme.
Der Künstlername aber, mit dem er in die Kunstgeschichte einging, A.
R. Penck, ist eine Mischung seines Vornamens und dem des Dresdner
Eiszeitforschers Albrecht Penck (1858-1945).
Gedanklich integriert sind die krisenhafte Identität des Künstlers
im Allgemeinen und seine persönliche Neigung zu schamanistischen
Figuren mit gehobenen Armen oder Vogelköpfen in typisch postmoderner
Erscheinung. Neben solchen Selbstdarstellungen gibt der mehrfache
documenta-Beiträger sich aber auch halbwegs realistisch wieder,
schreibt zahlreiche Künstlerbücher und wandte sich – ähnlich den
anderen Vertretern der "neuen Wilden" – auch der Skulptur zu. Mit 200
Werken – von der Bronzeskulptur über die wichtigsten Gemäldezyklen bis
zu Grafiken und Büchern – ist diese Schau der Schirn Kunsthalle eine
Retrospektive der letzten 40 Jahre mit üppigem Katalog samt
Expertenbeiträgen. Daher wandert sie auch weiter in die Kunsthalle Kiel
und ins Musée d’Art moderne in Paris.
Free Jazzer Penck
Seine einmalige Verbindung von "Primitivismus" und Computergrafik
bezeichnet Penck selbst als eine Art Konzeptkunst, die expressiv bis
aggressiv im Pinselstrich auftritt und sich gegen das
romantisch-expressive Stimmungsbild und jede elegante Figuration
verwehrt.
Auch in seinen Schriften und als Free-Jazzer am Schlagzeug geht es
dem Freund von Liedermacher und Lyriker Wolf Biermann um ein
universales Vokabular mit Erinnerungen an den Ursprung der Malerei in
der Steinzeit.
Als Aktualisierung mixt er die Zeitgeschichte und die Formeln der
Naturwissenschaft als Bildzeichen dazu und zeigt damit einen großen
Anspruch als Mehrfachbegabung auf einen unverkennbaren Stil.
Der Künstler lebt heute, nach seiner Emeritierung als Kunstprofessor in Düsseldorf, schon seit 2003 in Dublin.
A. R. Penck Retrospektive
Schirn Kunsthalle
Frankfurt
Ingrid Pfeiffer (Kuratorin)
Bis 16. September
www.schirn-kunsthalle.de
Elementargeist.
Mittwoch, 22. August 2007