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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
17. Dezember 2008
18:08 MEZ

Egon Schieles Gemäldefragment "Mutter und Kind I"  bei Wienerroither & Kohlbacher für 9,5 Mio Euro.


Tabelle: Top-10 der Auktionsergebnisse


Keine schlechte Saison für heimische Kunstmarktbranche
Nach Jahren der Umsatzrekorde steht eine Korrektur an: Der Kassasturz liefert zum Saisonende leichte Rückgänge, aber eine stabile Performance

Wertsteigerungen in einer Größenordnung von mehr als 3500 Prozent? Derlei würde momentan wohl jeder ins Reich der Fantasie verbannen bzw. jedenfalls als unseriös erachten. Aber auf der Spielwiese des Kunstmarktes ist eben alles ein wenig anders, wie ein im Wiener Handel als Wiederentdeckung gefeiertes Kunstwerk belegt.

Die Rede ist von einem Fragment, wohl ursprünglich Teil des Gemäldes Die drei Mütter, 1910/11 von Egon Schiele gemalt und für 9,5 Millionen Euro bei Wienerroither & Kohlbacher zu erwerben. 1953 wechselte es im Dorotheum für rund 6000 Schilling den Besitzer. Angepasst an die Entwicklung des offiziellen Verbraucherpreisindex (+521,7 %) entspricht dies dem Gegenwert von 2710 Euro.

Dank der weit höheren Preisentwicklung für Schiele-Arbeiten auf dem internationalen Kunstmarkt beläuft sich die Steigerung auf Basis des aktuellen Verkaufspreises auf satte 3504 Prozent. Wie dem auch sei, Mutter und Kind I ist das derzeit im Bereich Klassische Moderne wohl internationalste Kunstwerk auf dem hiesigen Markt, einige Sammler haben bereits Interesse angemeldet. Rudolf Leopold ist nicht darunter, er hat das Bild in den 60er-Jahren kurzfristig schon besessen. Gerade in solchen Preisklassen benötigen Verkäufe naturgemäß Zeit und Geduld - und natürlich eine Ausfuhrgenehmigung, die das Bundesdenkmalamt aber erst vor knapp zwei Wochen auch erteilte.

Prinzipiell - so das Fazit des österreichischen Kunsthandels - sei die abgelaufene Saison gar nicht mal die schlechtestes, für viele sogar die beste bisher gewesen. Dazu haben auch traditionelle und neue Kunstmessen sowie daraus resultierende Folgegeschäfte beitragen können, nicht nur die immer aufwändiger betriebenen Verkaufsausstellungen in den eigenen Geschäftsräumlichkeiten.

Leichte Korrektur

Etwas mehr Zurückhaltung gilt es in der Auktionsbranche zu diagnostizieren: Noch zur Jahresmitte hoffte etwa "im Kinsky" auf einen Umsatzzuwachs in der Größenordnung von 11,5 Prozent. Die optimistischen Prognosen hielten nicht. Das liegt wohl nur zu einem Teil an der gehemmten Kauflust der letzten Wochen, die aber auch immer von der Qualität des Angebotes abhängt.

In den vergangenen fünf Jahren hatten die österreichischen Auktionshäuser zudem jedes Jahr aufs Neue mit Rekordergebnissen abgeschlossen, jetzt folgt eine leichte Korrektur, eine Krise ist das angesichts der nunmehr veröffentlichten Ergebnisse noch lange nicht: Im Kinsky notierte mit einem Jahrestotal von 19,2 Millionen Euro (2007: 21,4 Mio) aus 20 Spartensitzungen ebenso das zweitbeste Geschäftsjahr wie das Dorotheum mit 108 Millionen (2007: 123 Mio Euro) aus rund 600 Einzelauktionen.

Die Liste der zehn höchsten Auktionszuschläge in Österreich (siehe Tabelle) - angeführt von Friedrich von Amerlings Mädchen mit Strohhut, das für 1,5 Millionen Euro in die Sammlung Liechtenstein wechselte - dokumentiert diesen Kassensturz ebenso.

Bereits zum Halbjahr lag man gemessen am Wertvolumen des Rankings mit 4,65 Millionen Euro deutlich hinter dem Vorjahr (5,51 Mio). Dank einer vergleichsweise beeindruckenden Aufholjagd verpasste man zum Saisonende mit 6,51 Millionen Euro nur knapp den Anschluss an 2007 (6,54 Mio).

Der große Unterschied zu 2007? Kein einziges zeitgenössisches Kunstwerk schaffte in Österreich eine Platzierung unter die Top Ten. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.12.2008)

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