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16.04.2003 - Ausstellung
Durchs Netz der Träume fallen keine Tränen
"Trauer" trägt das Atelier Augarten. Eine klare Ausstellung über das Unerträgliche.


Drei Minuten und 21 Sekunden tiefer Schmerz stehen am Anfang der neuen Ausstellung im Atelier Augarten, wo sich die Österreichische Galerie Belvedere zum fünften Mal zur zeitgenössischen Kunst bekennt. "I'm too sad to tell you", der Kurzfilm des seit 1975 verschollenen Bas Jan Ader, gibt "Trauer" ein historisches Herz: Der mythenumwobene Holländer zeigte sich 1970 schlicht weinend. Ein intimer Moment, den die weiteren sieben vertretenen Künstler eher meiden. Wird diese so verletzlich machende Emotion heute lieber verdrängt und als "Depression" vorschnell der Wissenschaft überantwortet.

Doch die Auswahl von Thomas Trummer ist so sensibel wie unpathetisch. Mit der stillen, sehnsüchtigen Arbeit von Felix Gonzalez-Torres, vor sieben Jahren an Aids verstorben, wird es poetisch. Glühlampen fließen wie Tränen von der Decke, verbinden Himmel mit Boden.

Sinnlich-pompöser wird es mit William Kentridges aus Zeichnung, Schattenspiel und altem Zelluloid gewobenen Filmen, die suggestiv in neue Wirklichkeiten ziehen. Immer wieder ein Hineinfallen wert! Hinein fällt wohl auch der einsame Mann auf dem zugefrorenen Neusiedler See - konzentriert schlägt er um sich einen Kreis ins Eis. Präzise Trauerarbeit von Nicole Six und Paul Petritsch, der dramatische Ausgang bleibt bildlich erspart. Eine Entdeckung sind die trotzigen Mädchen von Yoshitomo Nara, in Japan ein Zeichner-Star. Sie bringen einen sarkastischen Ton in die klare, intelligente Schau, die der Trauer zwar gerecht wird, aber nicht betrübt. sp

Von Di. bis So., 10 bis 18 Uhr.



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