"Mode ist unausgesprochene Tyrannei"

"Beyond Decorum: The Photography of Iké Udé" in der MAK-Galerie.


Ein Dandy der internationalen Kunstwelt befindet sich zur Zeit in Wien: Der New Yorker Fotograf und Modedesigner Iké Udé. Einst Szenefigur und jetzt international bekannter Star in einer Szene, die Wert auf glamourösen Lifestyle legt und die Club-Culture der 90er Jahre geprägt hat. "Voguing" hieß dieser Trend damals.

Eine Nacht lang Aussehen, als würde man direkt vom Laufsteg einer teuren Modeschau mit unerschwinglichen Couture-Stücken kommen, lautete das Motto damals. Doch Mode, so bekennt Iké Udé überraschend, bedeute ihm in Wirklichkeit so gut wie nichts: "Ich persönlich mache mir nichts aus Mode."

Ästhetik jenseits des Mainstream

"Profil", 2000 (Zum Vergrößern anklicken)

Was ihn nicht davon abgehalten hat, sich grundsätzliche Gedanken zum Thema zu machen, nachzulesen unter anderem in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift . Sein ambivalentes und reflektierendes Verhältnis zur menschlichen Bekleidung spiegelt sich in Sätzen wie "fashion is about change, but change is not always fashionable" (aus einem für aRUDE ) und in seiner ersten Einzelausstellung in Europa, die in der Galerie des MAK gezeigt wird.

Udés Interesse gilt der Tatsache "wie jemand durch die Art, sich zu kleiden, sein individuelles Temperament zum Ausdruck bringt." Aber: Jede Form von Mode habe früher oder später Uniformität zur Folge - "eine Art unausgesprochener Tyrannei."

Cover-Girl Udé

"Format", 2000 (Zum Vergrößern anklicken)

Ähnlich wie seinerzeit Andy Warhol ist auch Iké Udé fasziniert von Starkult und Popkultur. Er bewegt sich im Grenzbereich zwischen Mode, Kunst und Lifestyle, mit theatralischen Inszenierungen und Selbstinszenierungen. Dazu gehört auch die in Wien gezeigte Fotoserie "Cover Girl". Der aus Nigeria stammende und in New York lebende Künstler präsentiert sich in diesen Fotomontagen als Pop-Figur, die auf den Titelblättern berühmter Magazine und Modejournale erscheint.

"Stern", 2000 (Zum Vergrößern anklicken)

Iké Udé weiß geschminkt auf dem Titelblatt von "Format" oder in Dandy-Pose und mit Monokel auf dem "Stern"-Cover - für seine Ausstellung, die noch bis 4. Februar in der Wiener MAK-Galerie zu sehen ist, hat er die Fotoserie mit Titelblättern deutschsprachiger Nachrichtenmagazine wie "Der Spiegel", "profil" und "Wiener" erweitert. Darauf sind Schlagzeilen zu lesen wie: "Regierungsversprechen nach Ende der Sanktionen: Wir werden modern und sexy sein".

"Multiple Repräsentationen"

Manchmal präsentiert sich Iké Udé auch weiblich gestylt. Damit möchte er zeigen, wie elastisch und vielfältig unser Verständnis von Geschlechtlichkeit eigentlich sein kann. Udé spricht von "multiplen Repräsentationen", es gehe darum, "die eigene Identität als veränderbar zu präsentieren."

Untitled #12, 1997
Untitled #12, 1997

Ebenfalls im MAK zu sehen: "Project Rear", eine Druck-Serie, auf der die Sitzabdrücke zuvor bemalter menschlicher Hinterteile zur Betrachtung ausgestellt werden und "Samson & Delilah", Fotomontagen, in denen die meistabgebildeten Köpfe des Jahrhunderts von Elvis bis Hitler als Kahlköpfe erscheinen.

Grenzgänger

Iké Udé ist ein Grenzgänger, der penibel darauf achtet, die eigene Schönheit zu inszenieren und dennoch immer wieder ganz sachte das überschreitet, was gemeinhin als guter Geschmack bezeichnet wird. Zu der Installation "Beyond Decorum", die ebenfalls im MAK zu sehen ist, wurde der Künstler von Beobachtungen in seiner Heimatstadt angeregt: Männer im strengen Business-Look, die nach der Arbeit einschlägige New Yorker Peep-Shows und Bars besuchen.

Untitled #2, 1999 (Zum Vergrößern anklicken)
Untitled #2, 1999 (Zum Vergrößern anklicken)

Was Iké Udé interessiert, ist der scharfe Kontrast zwischen dem unauffälligen Äußeren von Familienvätern und ihren pornografischen Vergnügungen nach Dienstschluss. Die Dichotomie von Innen und Außen verarbeitete Udé mit einer von ihm entworfenen Kollektion aus Jacken und Mänteln. Im Inneren der nobel geschnittenen Stücke befinden sich allerlei delikate Bilder. Ein Auswahl von Riesendildos zum Beispiel, oder eindeutige Darstellungen aus dem Herrenmagazin Playboy. Die Etiketten der Kleidungsstücke lesen sich wie Kontaktanzeigen.

Tipp:

"The Photography of Iké Udé": 13. Dezember 2000 bis 4. Februar 2001 in der MAK Gallerie, Stubenring 5, Wien 1.

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