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26. August 2009
19:39 MESZ

Visualisierte Klangwolke: 5. 9., ab 15.00 Uhr im Linzer Stadtraum, 21.00 Uhr Brucknerhaus, Donaupark; ebendort 12. 9., 17.00 Uhr: Kinderklangwolke (Komposition/Live-Auftritt: Konstantin Wecker); 13. 9., 20.00 Uhr: Klassische Klangwolke mit Joseph Haydns Oratorium "Die Schöpfung"

www.klangwolke.at

 

Sogar Obelix hätte vor diesem Wildschwein Respekt. Es wird an der Linzer Klangwolke teilnehmen, ohne Gefahr zu laufen, verspeist zu werden.

 

 


Airan Berg: "Das kulturelle Kapital sind Menschen."

 

 


Airan Berg: "Mein Boot ist sicher nicht voll"
Der Linz-09-Schauspielchef begleitet die Klangwolke mit 1000 Linzern und dem Projekt "Flut"

Die Tiere von Roger Titley werden von Freiwilligen in Sicherheit gebracht.

"Im Hof lernen gerade Geparde das Laufen", erzählt Timothy Habian. Habian ist Absolvent der Linzer Kunstuniversität und betreut seit Mai mit Kunststudenten die Werkstätte, in der rund 500 Tiere für die Linzer Klangwolke entstehen. Hunderte Freiwillige haben seit Mai geholfen, die Werkstätte im ehemaligen Finanzgebäude Ost in einen kleinen Zoo zu verwandeln.

"Mit dem Bauen sind wir schon fast fertig", sagt Habian, der gerade einen Strauß lackiert. Rund 140 der Tiere, die der Südafrikaner Roger Titley entwickelt hat, bekommen ein fluoreszierendes Finish, damit sie in der Nacht, wenn die Flut kommt, leuchten.

Titley zählt in der Film- und Werbebranche zu den wichtigsten Kreaturenschöpfern der Welt. "Seine Liebe gehört dem Theater, nur: In Südafrika kann man vom Puppentheater nicht leben", beschreibt ihn Linz-09-Schauspielchef Airan Berg, der heuer für die ambitionierte Visualisierung der Linzer Klangwolke mit dem Titel Flut verantwortlich zeichnet. Titley ist bekannt für die Genauigkeit seiner Figuren: Die aus Silikon gegossenen Krokodile oder die Schweine mit ihren Borsten und Glanzeffekten am Rüssel schauen "selbst aus zehn Zentimeter Entfernung noch echt aus", erzählt Habian von Tieren, die er in Titleys Werkstätte in Südafrika gesehen hat. Zehn Studenten begleiteten dort die Entwicklung der Polyethylen-Tiere.

"Die Flut ist ein ganz wichtiger Mythos, der sich in allen Kulturen findet. Deshalb heißt das Stück auch nicht Arche Noah, sondern Flut, was auch Sintflut meint - einen Prozess der Reinigung, der mit Tod, aber auch mit Überleben zu tun hat." Es gebe viele Interpretationsmöglichkeiten, wesentlich sei jedoch der partizipatorische Aspekt, den das Projekt ermögliche, so Berg: "Es hat eine kulturpolitische Bedeutung, wenn fast 1000 Leute aus der Bevölkerung aktiv teilnehmen. Es ist ja ihre Stadt - ihre Kulturhauptstadt."

Vor 30 Jahren wurde für die erste Klangwolke im Brucknerhaus Anton Bruckners Achte Symphonie gespielt und im Radio übertragen. Berg: "Alle Bürger wurden gebeten, ihre Radios an die Fenster zu stellen, damit tatsächlich eine Wolke aus Klang entsteht."

In dieser Tradition wollte man im Rahmen von Linz 09 einen Schritt weiter gehen und nicht mit großen Stars locken. Daher ein Projekt, "das mit der Kreativität einer Stadt zu tun hat. Ich habe immer gesagt, das kulturelle Kapital einer Stadt sind immer die Menschen, die hier leben." Diese begegnen sich hier, lassen ein buntes Bild entstehen, so Berg. Tritt das auch dem von rechten Politikern missbrauchten Begriff der "Überflutung" entgegen? "Ja, mein Boot ist sicher nicht voll."

In der Geschichte von Flut ist der Platz jedoch begrenzt, und so muss der moralische Linzer Noah (Andrea Eckert) sich mit dem Begriff der "Selektion" plagen, während sein Gegenspieler, der Anti-Noah (Wolfram Berger), "mehr so ein Darwinist ist, der vom Survival of the Fittest spricht". In dem Augenblick, in welchem man die endgültige Selektion erwartet, kippt die Geschiche jedoch. Das Ende wird am 5. September verraten.

Doch bereits die Proben der Bewegungscoachs mit den Tieren locken Neugierige an; manche folgen dem Treiben bis in die Werkstätte, in der zwischen fünf und zehn Stunden in das Zusammenbauen einzelner Tiere investiert wird. In größere Tiere wie Antilopen schlüpfen Menschen, kleinere werden getragen, Vögel über Stangen bedient, sodass auch ältere Menschen und Kinder mitwirken können. Athletischer müssen hingegen die Schwimmer und Taucher sein, die mit Pelikanen, Schwänen oder Krokodilen unterwegs sind. "Titley hat wirklich sein ganzes Repertoire ausgeschöpft", schwärmt Habian. "Affen schlagen Purzelbäume und Kängurus haben zwar Räder, heben die Beine aber so, dass sie zu springen scheinen." Bereits am Nachmittag strömen die Tiere in die Stadt, abends sind sie an der Donau, an der von der Musik bis zum Spiel alles live sein wird. Berg: "Die Spannung, die aus dem Live-Aspekt kommt, ist uns wahnsinnig wichtig. Dieser Abend ist Theater." (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.8.2009)

 

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