„Es wäre mein Meisterwerk gewesen“
Salzburg Foundation. Bernar Venets „Gerade Linie“ am Mönchsberg ist abgesagt.
Hedwig Kainberger Salzburg (SN). Gestern, Donnerstag, am späten Nachmittag, telefonierte der französische Künstler Bernar Venet zuerst mit den SN und dann mit dem belgischen Stahlwerk, um dort die Produktion eines seiner bisher bedeutendsten Kunstwerke zu stoppen. Die für Salzburg konzipierte „Gerade Linie“ – so nennt Bernar Venet diese Werkgruppe von Stahlstäben – hätte nächste Woche in Belgien gegossen werden sollen. Dafür war bereits Stahl um 80.000 Euro gekauft und vorbereitet. Nun müsse er dem Stahlbauer die „schlechte Nachricht“ übermitteln, dass das Kunstwerk für Salzburg abgesagt sei.
Schon bei seinem ersten Besuch in Salzburg – auf Einladung der Salzburg Foundation – sei ihm diese Wand des Mönchsbergs aufgefallen, schildert Bernar Venet. „Ich sah dieses Kliff, und wusste sofort: Das passt. Das wird mein Meisterwerk.“ In diese Ecke des Felsens eine seiner „Geraden Linien“ zu stellen, „war so, als ob alles dafür gemacht worden wäre“. Geplant war, einen 90 Meter hohen Stahlstab an die Mönchsbergwand beim Ursulinenplatz – in die Nische an der Humboldtterrasse – zu lehnen. Die Spitze wäre etwa zwei Meter niedriger als der Turm der Müllner Kirche gewesen.
Für Salzburg hätte er dieser Skulptur den Namen „Dirigentenstab“ gegeben, um eine Hommage an die Musikstadt Salzburg und an Herbert von Karajan zum Ausdruck zu bringen. „Das wäre ideal gewesen.“ Ist er jetzt enttäuscht? Die Absage berühre ihn sehr, „aber nur kurz“, sagt Bernar Venet. „Ich schlucke, und dann gehe ich weiter. So ist das Leben. Wir haben alles versucht.“
Eines seiner nächsten Projekte wird eine Skulptur für Nizza, die im April aufgestellt wird. Dort wird die „Promenade des Anglais“, die Strandpromenade und zugleich Hauptstraße mit mindestens drei Fahrspuren je Richtung, für einen Tag gesperrt, um mit zwei Kränen zu je 100 Tonnen eine Skulptur aus neun „Geraden Linien“ aufzustellen. Zur Einweihung wird der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy in Nizza sein. „Es ist alles eine Frage des Willens“, sagt Bernar Venet.
Allerdings verstehe er die Salzburger Vorbehalte, beteuert der Künstler. Die Skulptur in Nizza werde dauerhaft aufgestellt, jene für Salzburg wäre nur für dreieinhalb Monate installiert worden.
Fatal wurde für die Salzburger „Gerade Linie“ der Aufwand der Montage. Sowohl für Auf- wie für Abbau des fast 110 Tonnen schweren Stabs hätte der Verkehr zwischen Klausentor und Haus der Natur jeweils zwei Wochen lang gesperrt werden müssen. Zudem wären für Auf- und Abbau alle Obusleitungen in diesem Bereich abzumontieren gewesen. Denn auch wenn der Stab in fünf oder sieben Teilstücken angeliefert und auf dem Ursulinenplatz zusammengeschraubt worden wäre, wäre eine Kran mit einer exorbitant langen Lanze erforderlich.
Eine solche Belastung wäre der Salzburger Bevölkerung nicht zumutbar, sagte Karl Gollegger als Präsident der Salzburg Foundation. An der Finanzierung wäre die „Gerade Linie“ nicht gescheitert. Dafür gibt es Zusagen eines privaten Mäzens, der nicht öffentlich genannt werden will.
Allerdings werden in Salzburg heuer trotzdem Skulpturen Bernar Venets zu erleben sein. Denn der Stab an der Mönchsbergwand wäre nur ein Teil des temporären Kunstprojekts gewesen. Der zweite Teil davon wird wie geplant verwirklicht: Auf dem Krauthügel im Nonntal werden neun Stahlskulpturen Venets (Bilder unten) von Mitte Mai bis September aufgestellt. Die Eröffnung ist für 21. Mai angesetzt. Die Salzburg Foundation habe am Donnerstagnachmittag die Genehmigung dafür erhalten, sagte deren künstlerischer Leiter, Walter Smerling, den SN. Zudem wird überlegt, in der Altstadt eine andere, kleinere Skulptur Bernar Venets für diese dreieinhalb Monate aufzustellen. SN-Reihe „Kultur konkret“: Für SN-Leser werden am Samstag, 27. März, Führungen im Kiefer-Haus angeboten: 10.30 Uhr mit Dr. Wilfried Schaber und 16 Uhr mit Dr. h.c. Walter Smerling (Vorstand bzw. Künstlerischer Leiter Salzburg Foundation). Eintritt frei.