Manche mögen's klatschnass
Quer durch Galerien
Von Claudia Aigner
Na ja, Künstler nehmen es halt nicht immer so genau mit der
Stubenreinheit. Die Nachbarn, die unter Kim Keever wohnen, können ein
Liedlein davon singen (zum Beispiel "I'm singing in the rain"). Spätestens
wenn ihr Plafond tropft (wie schon zweimal geschehen), wenn also die
Luftfeuchtigkeit in ihrer Wohnung plötzlich bedenklich steigt, dann wissen
sie, dass dem da oben wieder etwas danebengegangen ist. Keever ist ja
immerhin Herr über 400 Liter. Das soll jetzt wohl eine
Abenteuergeschichte für Urologen werden (400 Liter Fassungsvermögen, das
hört sich ja sehr nach aufschneiderischem "Urologenlatein" an). Falsch.
Denn Keever ist kein Blasenschwächling, er macht doch bloß das Wetter in
seinem Aquarium. Und dort herrschen geradezu theatralische
Witterungsbedingungen. Keever bastelt sich da nämlich pittoreske
Landschaften voller wolkenverhangener Gipsfelsen. Die Wolken köpfeln dabei
regelrecht ins Wasser: Sie bestehen schlicht aus Farbe, die ins Aquarium
gegossen wird. So gesehen ist der Wohnzimmer-Neptun aus New York ein
waschechter, wenn auch ungewöhnlich origineller Aquarellist. Bevor seine
flüchtigen Gemälde zerflossen sind, fotografiert er sie noch schnell ab.
Zu sehen sind die Fotos bis 6. November in der Fotogalerie (Währinger
Straße 59). Tja, kleine Mädchen haben ihr Puppenhaus, das Kind im Manne
hat sein Aquarium. Den extremen Wassergehalt, dass also die "Luft"
zwischen den Felsen zum Auswringen nass ist, sieht man den phänomenal
romantischen Stimmungslandschaften aber nicht einmal an. Alles schaut so
verdammt echt nach schroffer Wildnis unter freiem Himmel aus. So stell ich
mir das gute alte germanische Nifelheim vor. Vorzeitlich rau und nebelig.
In seinem feuchten Reich ist Keever eben ein wirklich guter Wettergott und
Wolkendompteur. Fische tummeln sich da folglich keine. Die hätte ihm der
Tierschutzverein sowieso aus dem Aquarium herausevakuiert. Er bewölkt
seinen Himmel schließlich nicht mit Lebensmittelfarben. Curt Stenvert
(1920 - 1992) gehört zu den sehr seltenen "Hirnanimateuren". Seine sauber
komponierten Schaukästen (bis 10. November beim Lang, Seilerstätte 16) hat
er mit allerlei Alltagsgegenständen und existenziellen Fragen gefüllt.
Gott und die Welt sind da drinnen und wollen vom Betrachter bebrütet
werden. "Durch eine Brille sieht man Gott": Aus einer Ansammlung von
Sehbehelfen lugt ein Wunderwerk der Optik heraus, nämlich eine Brille mit
der Aufschrift "Gott" auf jedem Glas. Ein Placebo für die ungläubigen
Thomase? Also ein Glaubensbehelf für Leute mit Glaubensschwäche bzw. mit
Fehlgläubigkeit? Und wie viele Dioptrien hat eigentlich ein Atheist?
In den inspirierend tiefsinnigen Vitrinen flackert immer wieder
intelligenter Humor auf. Ein Opus aus der Zeit des kalten Krieges, als
sich der Westen und der Osten ja nicht bloß den Erdboden, sondern quasi
auch den Himmel untereinander aufgeteilt haben: "Aber der wirklich
ehrenwerte Papst Johannes XXIII. teilte uns in seiner Enzyklika ,Pacem in
terris' mit, dass eine tatsächliche Zusammenarbeit zwischen Katholiken und
Nichtchristen möglich wäre." Da hängt der Gekreuzigte in einem Himmel aus
Sowjetsternen, kurz: im roten Hammer-und-Sichel-Universum. Ein verwegener
Kompromiss. Aber so ist das halt mit dem Weltfrieden. Die Holzköpfe
von Alfred Haberpointner (bis 15. November in der Galerie Chobot, Domgasse
6) haben so etwas "holzfällerisch Guillotiniertes". Meist sind sie auch
noch angesengt oder anderweitig gemartert worden. Also mir sind sie
irgendwie unsympathisch.
Erschienen am: 01.11.2002 |
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