MAK: "Das Spiel der Mächtigen: Heidulf Gerngross archistriert Franz West"
Von Wortbauten zum symolischen Nageltower
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Franz West als Formgeber: Architekt Angelo Roventas Projekt "Elastisches Wohnen" (2009) fungiert mit seinen variablen Elementen und Möbeln als ein Gegenspieler. Foto: Wolfgang Woessner/MAK
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Die Ausstellung war an sich klein geplant – doch nun spannt sie sich in
der oberen Ausstellungshalle des Museums für angewandte Kunst (MAK)
zwischen dem frühen Volksbuch (1968 bis 1978) und dem"Nageltower"
(2008/09) als Manifest eines Mannes, der sich zwischen Dirigent und
Architekt ansiedelt: "Archistrator" Heidulf Gerngross lebt im Teamwork
und zwischen den Künsten.
Sein literarisches Bauwerk "Volksbuch" schließt an die "Wiener
Gruppe" an, sein "Archiquant Raumalphabet" sogar an Hieroglyphen und
Keilschrift.
Begehbarer Kultort
Architektur lebt von der Zusammenarbeit mit Statikern und Designern.
Bei Gerngross steht die künstlerische Form am Beginn, die flexible
Struktur ist nicht nur mit Computer und neuen Materialien geformt. Er
integriert auch das Modell für ein World Trade Center in Skopje von
Milan Mijalkovic als ideologisch-politische Variante des Turms. Der
bosnische Jungstar macht Minarette aus dem verdoppelten "Nagel", einer
Skulptur von Franz West von 2003. Diese Skulptur hat Gerngross in der
Schau auf einem Holzsockel zum begehbaren Kultort erhoben, ist sie doch
Quelle seines Beitrags zur Hochhausdiskussion.
Mit Einbindung der Zeitgenossen: Der slowakische Maler Jan Fekete
hielt Gerngross als Archistrator mit Ei in Öl und die Videokünstlerin
Heike Nösslbock die performativen Auftritte und Lesungen seines
"Volksbuchs" fest. Mit dem Ornament-Netz von Hofstetter Kurt,
Mathematiker und Künstler, für die Außenhaut des Towers und dem
"Elastischen Wohnen" von Angelo Roventa will Gerngross den Turm für den
sozialen Wohnbau interessant machen. Ob das gelingt?
Keine rostigen Nägel
Die symbolische Form wird zwar für Gerngross zur Anmerkung
reduziert, aber bei Feministinnen und Feinden von Minaretten sieht das
sicher anders aus. Jedenfalls hat sich die frühe Inspiration durch
Architektur-Utopien der Gruppe Archigram nun auf das MAK übertragen,
das er als "undemokratischen Palazzo der Künstler" empfindet. Dieser
Protest wirkt allerdings weniger ironisch als etwas eingerostet, was
dem Nagel von West nicht passiert: Die Ludwig Stiftung wollte ihn nicht
für das Museum erwerben.
Ausstellung
Das Spiel der Mächtigen
Heidulf Gerngross
archistriert Franz West’s Nageltower
Bärbel Vischer (Kuratorin)
Mit Hofstetter Kurt und Angelo Roventa
MAK
(Tel. 01/711360)
bis 10. Jänner 2010
Printausgabe vom Mittwoch, 02. Dezember 2009
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