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19.06.2002 - Ausstellung
Ausgestellt in Wien
VON JOHANNA HOFLEITNER


Krinzinger Projekte. Die Rußland-Ausstellung "Davaj!" des MAK begleitet Krinzinger in renovierten Lagerräumen mit einer Selektion neuester russischer Kunst. Besonders ragen Photographien Igor Moukhins heraus: im Stil der frühen amerikanischen Dokumentaristen fängt er in Schwarzweißphotos Szenen aus dem Alltag der untergehenden Sowjetkultur ein. Eine poetische Antwort darauf gibt Olga Chernysheva mit einem melancholische Photozyklus, der für den Winter verpackte Bäume und dick eingehüllte Eisfischer in Beziehung setzt. Den Humor der russischen Seele beleuchtet Dimitry Gutov in schelmischen Bauernphotos. Vom russischen Enfant terrible Oleg Kulik: ein Videosampler seiner Performances. Gewöhnungsbedürftig sind schließlich die grellen Soz-Art-Appropriationen von Dubosarsky + Vinogradov (VII., Schottenfeldgasse 45; bis 12. Juli).

Knoll Galerie. Gleich noch einmal Rußland: Diesmal gibt der Mythos vom pädophilen Aristokraten à la Erlköng oder "Roi de la Forêt" den Stoff für ein Performanceprojekt der russischen Gruppe AES + F, dessen zentrale Thematik kindliche Verletzlichkeit und Unschuld sind. Für ihre Photogroßformate lassen AES + F scharenweise Kinder - überwiegend Balletteleven, alle in weißer Wäsche - in Prunkräumen posieren. Wer dabei an Inszenierungen einer Vanessa Beecroft denkt, liegt nicht ganz falsch. Trotz ihres recht didaktischen Anspruchs strahlen die Arbeiten starke Suggestivkraft aus (VI., Esterhazygasse 29; bis 27. Juli).

Galerie Gerersdorfer. Hildegard Stögers Bilder sind der Ertrag einer "langen Suche nach der wirklichen Farbe", schreibt Erich Hackl über die Malerin. Ihre neuesten Temperabilder auf Pappelholzgrund sind ein starker Beweis dafür. Vor meist gelblich-goldigem, bisweilen auch azurblauem Fond positioniert Stöger zierlich-androgyne Wesen, die ihre innere Stärke vehement den (vielmals geraspelten und geschichteten) Farben zu verdanken scheinen, die die Malerin ihnen und damit den Bildern zugewiesen hat: das kann ein strahlendblaues Augenband sein, eine sinnlich pinkfarbene Decke, eine mandelförmige Wolke oben im Bild, eine karminrote Aura. Aus der rauhen Textur schälen sich Erzählungen. Und die große, einzige Legitimation dafür, die Malerei für die Erzählung zu instrumentalisieren, ist - die Farbe (IX., Währingerstraße 12; bis 13. Juli).



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