Aida als Putzfrau, Nabucco als Saddam Hussein - es sei
"unglaublich, was die Kunst alles aushält", stellte der Wiener
Staatsoperndirektor Ioan Holender auf dem von der niederösterreichischen
Landesakademie und der Kulturorganisation GlobArt veranstalteten Symposium
"Europas Kultur - ein Weg in die gemeinsame Zukunft?" fest.
Ob Kultur oder Kunst politisch sei, hatte man ihn
gefragt. Seine lapidare Antwort: Nein. Zwar werde Kunst von der Politik
instrumentalisiert. Das mache sie aber zu keiner politischen Kunst. Nicht
einmal Richard Wagners politische Einstellung habe auf sein Werk
abgefärbt. Auch Verdis Opern seinen unpolitischer, als immer behauptet
werde. Sie würden auch dann nicht politisch, wenn ein Regisseur bei seiner
Inszenierung vordergründige aktuelle Bezüge herstellt, ist Holender
überzeugt.
Kunst ist aber auf Geldgeber angewiesen. Deshalb suchten
Kunstschaffende zu allen Zeiten den Kontakt mit den Machthabern. "Theater
und Oper sind eben immer teurer, als sie Geld einbringen," stellt der
Staatsoperndirektor fest. Von daher erkläre sich das oft kolportierte
Naheverhältnis von Kunst und Politik. Auch heute förderten Politiker
persönlich favorisierte Künstler: Den Werken merke man meist aber nichts
Politisches oder gar Parteipolitisches an.
Die anderen Teilnehmer des Symposiums gestanden Kunst und
Kultur mehr kritischen Einfluss auf die Politik zu: In Polen sei Kultur
jahrzehntelang in Opposition zur Politik gestanden, berichtete
Botschafterin Irena Lipowicz: Zur Zeit der deutschen Besatzung und im
Stalinismus waren sogar Universitäten im Untergrund tätig.
Auch in demokratischen Gesellschaften müsse Kultur die
Politik kritisieren, forderte Felix Unger, Präsident der Europäischen
Akademie der Wissenschaften. Kultur sei nicht nur Kunst: "Die drei
Prozent, die eine Kokoschka-Ausstellung besuchen, sind nicht die einzigen
Kulturträger." Der Alltagskultur in Europa gesteht Unger derzeit aber
wenig Kritikpotenzial zu: "Sie ist eine brutale Kultur des Geldes, der
Macht." b. l.
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