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18.02.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Hollegha: "Die Begabten malen immer noch"
Zu seinem 75. Geburtstag am vierten März stellt Wolfgang Hollegha in der Sammlung Essl aus. Die "Presse" besuchte ihn beim Aufbau.

Pop ist verboten, Bach ist Pflicht: Wolfgang Hollegha sucht die Logik im Ding

Wolfgang Hollegha wartet. Ganz ruhig. Er wurde bei seiner Arbeit unterbrochen. Das passiert dem zurückgezogen bei Fohnsdorf in der Steiermark lebenden Maler wahrscheinlich nicht sehr oft. Gemeinsam mit Sohn Daniel, der in Madrid als Architekt arbeitet, kleidet er gerade die Wände des Großen Saales in der Sammlung Essl mit seinen Bildern aus. Ein Geschenk des Sammler-Ehepaares Essl zum 75. Geburtstag des befreundeten Malers. Die meisten Werke stammen aus seinem Privatbesitz, er mischt alte und neue - "aber das sehen Sie ja sowieso", wiegelt der in den 60er Jahren zu Österreichs abstrakter Speerspitze zählende Meister ab. Sehen schon, erkennen, das tun allerdings nur Eingeweihte. Für die anderen wirken die monumentalen fröhlich-bunten Bilder mit den grünen, blauen, roten, gelben Balken, Flecken und Tropfen wie aus einer Serie. Holleghas luftig-leuchtender Stil ist eben unverkennbar und entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten nur sachte hin zu mehr Leerraum, mehr Weiß zwischen der Farbe. "Früher habe ich voller gemalt", nickt der 1929 in Klagenfurt geborene Künstler, der bei der Schwester seiner Mutter in Frohnleiten aufwuchs.

Die Leinwände müssen sich an die ansteigende Raumhöhe des Großen Saales anpassen. Das ist Hollegha sehr wichtig. Vom mittleren zum monumentalen Format ragen sie immer höher auf. Erst vor kurzem hat hier Hermann Nitsch eine "Kathedrale" mit Aktions-Relikten eingerichtet. Der hohe Raum provoziert fast einen sakralen Charakter. "Ich bin kein Priester", lächelt Hollegha nur sanft. Gerne aber hätte er, der gemeinsam mit Mikl, Prachensky, Rainer einst die engere Künstlergruppe um Monsignore Otto Mauers Galerie Nächst St. Stephan bildete, für die Kirche gearbeitet. Ein Glasfenster wollte er machen - "wie alle anderen auch". Aber die Aufträge kamen nicht zustande. Schade, Holleghas transparente, durchscheinende Malerei wäre ideal gewesen. Heute interessiert ihn das nicht mehr. Ein Altarbild, das er vor 20 Jahren für eine Dorfkirche im Lungau schuf, musste verhängt werden - "die Putzfrauen wollten die Kirche sonst nicht mehr reinigen." Heute findet man es im Diözesanmuseum Salzburg. "Dann habe ich noch einen roten Fleck in der Endausführung weggelassen und alle haben gejammert, jetzt fehlt das Herz Jesu - dabei habe ich das gar nicht gemeint!" Banale zwei Stück Holz inspirierten Hollegha damals zu dieser Komposition. Wie bei vielen anderen Bildern auch. Ohne Hilfe allerdings sind die Gegenstände nicht erkennbar. "Sehen Sie, das ist der Henkel von einem Korb, den ich aus Spanien mitgenommen habe." Ach ja.

Im Frühling und im Herbst zieht es Hollegha in sein altes Haus in Nordspanien. "Mir gefallen das Licht und die Leute - fröhlich bis zur Brutalität." Hier malt er nicht, aber er bringt Zeichnungen mit von Dingen, ganz einfachen, die er immer und immer wieder beobachtet hat. "Warum sollte ich nicht dazu stehen, dass ich von einem Gegenstand ausgehe?" In seinem 14 Meter hohen Sommer-Atelier in Fohnsdorf werden manche dieser Zeichnungen dann verarbeitet. Ausschließlich zu Musik von Bach übrigens. Im Sommer Orgel-, im Winter leisere, Cembalo-Musik. Und zwischendurch auch einmal Pop? Ein strafender Blick! "Ich brauche Musik, zu der man denken kann, damit die Formen klarer werden."

Man merkt Hollegha an, dass er ein Vierteljahrhundert lang unterrichtet hat, an der Wiener Akademie der bildenden Künste, wo er schon als Junger die Meisterklasse von Josef Dobrowsky besuchte. Gleichzeitig mit Rainer, Mikl, Brauer, Lehmden - alle waren sie 1929 geboren - leitete er eine Meisterklasse. "Wir sind dann auch alle gleichzeitig emeritiert. Ein Umsturz, der dazu benutzt wurde, die Malerei an der Akademie abzuschaffen", meint Hollegha. "Der Franz Graf unterrichtet jetzt zum Beispiel ,Sound'." Aber eigentlich ist ihm das egal. "Die Neuen Medien haben sowieso nur bei den weniger Begabten größeren Einfluss. Die Begabten malen immer noch. Das ist viel schwieriger, die Fotografie oft nur ein Ausweg", sinniert Hollegha.

Fritz Wotruba habe ihn Anfang der 70er Jahre als Professor vorgeschlagen - "ihm verdanke ich am meisten", erinnert er sich. International hat ihn 1959 der amerikanische Kritikerpapst Clement Greenberg entdeckt. Zweimal stellte er damals im Guggenheim Museum New York aus. Trotz des Erfolges kehrte er nach Österreich zurück, zog sogar von Wien zurück aufs Land. Warum? "Schauen Sie dieses Stahlgerüst hier an. Und jetzt denken Sie an einen Baum. Verstehen Sie jetzt?" Sechs Wochen New York haben ihm damals gereicht. Sonst hätte er "alle diese Moden" mitmachen müssen, die Pop-Art, die Minimal Art. - "In Österreich konnte man seinen Weg viel unberührter weiterverfolgen, und verhungern musste ich auch nicht." Obwohl ihm das sein Lehrer Dobrowsky einst vorhergesagt hatte, als er, beeinflusst von der Moderne und später von Mark Rothko, Morris Louis, seinen Stil ausprägte. Zur Diplomprüfung 1954 durfte er aber noch kein abstraktes Bild abgeben. Es wurde dann ein Stillleben.

Bis 18. 4. Di.-So. 10-19h, Mi. 10-21h.

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