Neue Wege in der Druckgrafik

Inmitten des griechischen Viertels in Wien Mariahilf, versteckt hinter kleinen Galerieräumen, befindet sich die "Werkstatt für Kunstsiebdruck", die wohl beste Siebdruckwerkstatt Österreichs.


Die Meisterschaft und integre Persönlichkeit des Druckers Andreas Stalzer lockt seit rund 14 Jahren heimische Künstler und internationale Größen wie Joseph Kosuth, Michelangelo Pistoletto, Albert Oehlen oder Lawrence Weiner zum Sieben in die Wiener Barnabitengasse.

Die Demokratisierung der Kunst

Andreas Stalzers Anfänge liegen in der Malerei, mit der er schon bald wegen ihrer strengen Unterscheidung von Original und Kopie in Konflikt geriet. Eine gute Bildidee zu entwerfen und sie teuer bezahlt in der Sammlung eines Käufers verschwinden zu sehen, widerstrebte dem Idealisten.

Stalzer wollte mit guten Bildern möglichst viele Menschen erreichen und stieß während seiner Auseinandersetzung mit dem Begriff Original schon bald auf die ungeahnten Möglichkeiten des Siebdrucks. Am Küchentisch begann er mit Sieben zu drucken. In der Dusche wusch er die Siebe aus. Begeistert von dem simplen und kostengünstigen Prinzip, das für ihn die größtmögliche Authentizität des ursprünglichen Kunstwerks gewährte, entschloss sich der Maturant das Handwerk an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt zu erlernen, die er 1986 als Meister für Reproduktion und Drucktechnik verließ.

Von der Cobra lernen

Seine Lehr- und Wanderjahre verbrachte Stalzer in Amsterdam und in Washington. Während eines Spaziergangs stieß Stalzer auf die Prentengalerie von Hans Jansen in Amsterdam. So wie Stalzer heute, betrieb der holländische Drucker neben seiner Werkstatt eine Galerie, in der sich Künstler und Käufer oftmals trafen. In Jansen, der durch seine Zusammenarbeit mit der holländisch-belgischen Malergruppe "Cobra" berühmt geworden war, fand Stalzer einen kongenialen Lehrer und Mentor.

Neue Maßstäbe für Österreich

Er lernte dort die hohe Schule der Druckgrafik und hatte das Glück, ein wirklich interessiertes Publikum für hochwertigen Siebdruck kennenzulernen. Etwas, das es zur damaligen Zeit in Österreich so nicht gab. Hier hatte gegen Ende der 70er Jahre eine Art Devastierung der Druckgrafik stattgefunden. Platten wurden heimlich aufgehoben und war die Auflage vergriffen, so wurde in rosa und hellblau nachgedruckt. "Jansen hat mir einen ethischen Kontext der Druckgrafik vermittelt", meint Stalzer im Gespräch und betrachtet man die ihn umgebenden Arbeiten und die ein- und ausgehenden Künstler in Werkstatt und Galerie, so erkennt man, dass Stalzer mit seinem Kunstsiebdruck neue qualitative Maßstäbe in Österreich setzte.

Impulse aus den USA

In Washington, bei Clay Huffmann auf dem alten Werkstättengelände einer Torpedofabrik lernte Stalzer neue Techniken des Siebdrucks, die Herstellung von Büttenpapier und einen ökonomisch profitablen Umgang mit Druckgrafik kennen. Huffmann druckte aber auch von Hand und ermutigte Stalzer, sich Drucktisch, Belichtungsvorrichtungen und Leuchttisch selbst zu bauen.

Neue Wege

Zurückgekehrt nach Wien eröffnete Stalzer im Sommer 1986 sein Studio. Er ging in Ateliers und bot Künstlern an, für sie zu verlegen. Einer der ersten, mit dem Stalzer in der Barnabitengasse druckte, war Roland Göschl, dessen klar voneinander abgesetzte Farbflächen und geometrische Formen dem damaligen plakativen Verständnis von Siebdruckgrafik entgegenkamen.

KünstlerInnen, die mit Andreas Stalzer arbeiten: Roman Baumgartner, Siebdruck in 1 Farbe
KünstlerInnen, die mit Andreas Stalzer arbeiten: Roman Baumgartner, Siebdruck in 1 Farbe

Später folgten Ingeborg Schnitzel, Brigitte Kowanz, Andrea Fraser, Franz West, Cary Leibowitz und viele andere. Traditioneller Siebdruck, den Plakaten ähnlich, interessiert Stalzer längst nicht mehr. Heute reizen ihn Halbtöne und das Verinnen von Farben. Stalzer, unermüdlich auf der Suche nach neuen, kniffligen Lösungen, druckt mit seinen Künstlern auf Eisen, auf Glas, auf Segeltuch. Er arbeitet mit Fotoemulsion und druckt Einbände und Grafiken für Vorzugsausgaben von Büchern. Er kooperiert mit Museen und Galerien und ist ein wirklicher wizzard in seinem Element. Sein Respekt vor den Künstlern und ihren individuellen Lösungen schafft eine kreative Arbeitsatmosphäre, die zum Gelingen der Werke und nicht zuletzt zum guten Ruf von Andreas Stalzer beitrug.

Tipp:

Derzeit zeigt Andreas Stalzer im Rahmen des Ausstellungsprojekts "masterprint I" Arbeiten der niederländischen Siebdruckwerkstatt Warnsveld von Hans Jansen.

Werkstatt für Kunstsiebdruck, Galerie Edition Stalzer, 1060 Wien, Barnabitengasse 6.
Mail to: Andreas Stalzer

Radio …sterreich 1