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Kunstberichte

Secession lädt zum Strandspaziergang

Urlaub aufgezeichnet: 
"Long Beach" von Maria Bussmann. Foto: Aust/Secession

Urlaub aufgezeichnet: "Long Beach" von Maria Bussmann. Foto: Aust/Secession

Aufzählung Bussmann, Paglen und Pernice auf divergierenden Positionen.

Wien. Ein sanft gezeichneter Strandspaziergang auf 21 Meter Faxpapier, teleskopisch getätigte Fotografien supergeheimer US-Militäreinrichtungen und ein skurriles Museum ausrangierter, postapokalyptischer Alltagsgegenstände: Mit ihren aktuellen Ausstellungen wird die Wiener Secession ihrer Strategie "des größtmöglichen Abstands" zwischen den gleichzeitig gezeigten Positionen durchaus gerecht.

Maria Bussmann, Trevor Paglen und Manfred Pernice füllen das Haus mit neuen Arbeiten.

Leise Töne

Alles scheint irgendwie zusammengeschustert in Manfred Pernices "Sculpturama" im Hauptraum: Die Drehtische aus Holz- und Fliesenresten, die Tassen, Servietten, Vasen, alte Ghettoblaster und Schokoladenpackungen, Plastikgeschenke von McDonald’s – und viele kleine Papierschildchen, die jedes dieser Objekte als museal ausweisen. Mit einer leichten Gänsehaut wird man von dem Gefühl beschlichen, sich in einem postapokalyptischen Geschichtsmuseum zu befinden, wo das ehemals Beifällige zur archäologischen Sensation geworden ist.

Leise Töne schlägt Maria Bussmann im Grafischen Kabinett an: Eine 21 Meter lange Rolle alten Faxpapiers ist hier locker Wellen schlagend auf einem schlichten Holzgestell aufgerollt. Aufgezeichnet hat Bussmann die Papierstrecke bei einem Sommeraufenthalt in Long Beach nahe New York City. Wellen, Meer, Sand, Steinchen, dunkle und helle Himmelsbewegungen – ein wenig sind die meditativen Bleistiftlinien tatsächlich wie ein Fax mit unendlich decodierbaren Morsepünktchen.

Wütendes Militär

Codes und Geheimdienste, "Black Sites" des US-Militärs und Spionage im All sind das Thema des US-Künstlers und Geografen Trevor Paglen, der die Galerie der Secession mit seinen Fotografien bestückt hat. Er hat schon "einige Leute ziemlich wütend gemacht", erzählte er, mit seinen selbst gebastelten Teleskopkameras, die aus weiter Entfernung geheime Militärstützpunkte und Satellitenbewegungen festhalten. Dass es ihm dabei auch um Kunst im Spannungsfeld von Beweisführung, Fantasie und Wahrnehmungstäuschung geht, zeigt nicht nur die Tatsache, dass diese

Bilder im Keller einer Künstlervereinigung hängen. Sie sind auch recht schön anzuschauen.

Zu sehen bis 13. Februar, Secession, Di. bis So., 10 bis 18 Uhr.



Printausgabe vom Freitag, 26. November 2010
Online seit: Donnerstag, 25. November 2010 16:53:00

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