Das Fehlen von rund 20 Prozent des Gesamtbestands der Skulpturen und 17 Prozent der Gemälde wurde während der Inventarisierung des Museums evident, die man während der Schließung im vergangenen Sommer vornahm. Es war dies übrigens die erste seit den 1950er Jahren, wie Otto Hochreiter, der neue Direktor des im Juli 2005 in eine GmbH umgewandelten Museums, bei der Wiedereröffnung am Dienstag erklärte.
Die verschwundenen Bilder und Skulpturen tauchten nämlich in Urkunden, Leihverträgen oder Gemeinderatsbeschlüssen auf, die besagen, dass die Objekte im Besitz des Museums seien. Nur in den Depots des Stadtmuseums waren die zum Teil sehr wertvollen Kunstwerke nicht zu finden. Nun soll eine "Kunstklappe", wie sie bereits in Wien im siebten Bezirk existiert, jenen helfen, die "unvermutet zu solchen Werken kamen und sie zurückbringen wollen", erklärte Miedl.
Direktor Hochreiter kann indes auch nicht ausschließen, dass zu restituierende Werke, die während der NS-Herrschaft in den Besitz der Stadt übergingen, unter den Objekten sind. Diesbezügliche Gespräche mit der Israelitischen Kultusgemeinde in Graz sollen in den nächsten Wochen stattfinden.
Zu den Bildern im Grazer Kunstdepot zählen unter anderem Werke von Wilhelm Thöny, der vor den Nationalsozialisten nach New York floh, wo er 1949 starb, und Ida Maly, die 1941 nach Hartheim gebracht wurde, wo sie wenig später ums Leben kam. Ihre Bilder werden wie jene von Rudolf Pointner, Fritz Silberbauer und anderen ab Oktober 2006 in sechs Ausstellungsräumen gezeigt. Einige Monate zuvor, ab 28. April, wird unter dem Titel Die Totale das gesamte Gemäldedepot des Hauses öffentlich präsentiert.
Zu den Neuerungen rund um das Stadtmuseum zählt auch die Öffnung des Garnisonsmuseums und des Glockenturms am Schlossberg, der sich an der Rückseite des Museums erhebt. Außerdem soll ab Oktober ein drei mal sechs Meter großer venezianischer Glasstiefel der Architektengruppe Splitterwerk das Foyer des Hauses in neuem Glanz erstrahlen lassen.
Am Ende des Jahres werden dann zwei große Söhne der Stadt in jeweils einer Ausstellung gewürdigt: der eine ist der 1656 in Graz geborene Barockbaumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach, der zweite einer, der bis zu seinem Tod im Vorjahr in Graz blieb: Wolfgang Bauer. Der als Regisseur bekannte Karl Welunschek wird A Tribute to Wolfgang Bauer kuratieren, eine Schau, die "aus unterschiedlichen Perspektiven Einblicke in Bauers künstlerisches Vermächtnis geben" soll. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5. 4. 2006)