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Die Poncho Brothers · ein Nonsensduo aus Wien / Von Claudia Aigner
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Weil Ägypter seitlich gehen

300 Jahre Wiener Zeitung!Ach, was muss man oft von bösen Künstlern hören oder lesen!! Wie zum Beispiel hier von diesen, welche Rocky und Roxy Poncho alias Derrick und Winnetou alias Krampus und Nikolo hießen. Und genaugenommen heißen sie ja ganz anders, nämlich Georg Pruscha und Ronald Kodritsch (aber das wissen nur Eingeweihte).
Beide sind Sternzeichen Flipper (Angaben ohne Gewähr), Georg wäre aber lieber Lassie. (Ob man freilich von einem Sternzeichen zu einem andern übertreten darf, das soll Gerda Rogers entscheiden.) Zwei Psychopathen, Vandalen, Anarchisten und Scharlatane im Reich der Kunst. Ihr Vorstrafenregister ist, wenn man ihre Filme auch noch dazuzählt, länger als das von Max und Moritz.
Zum Einstand (im März 1998) gönnten sich die Poncho Brothers einen quantitativ nicht sehr erfolgreichen Menschenauflauf anlässlich der Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst an Uschi Glas.

Stell dir vor, es ist eine Demonstration und nur Derrick und Winnetou gehen hin. Konkret: auf den Ballhausplatz. Man musste nicht einmal genauer hinsehen, um zu erkennen: Horst Tappert (der seine angeblichen Basedow-Augen immer dementiert hat, weil er ja bloß die telegensten Tränensäcke der Filmgeschichte besitzt) und Pierre Brice, die beide dem "Schätzchen der Weißwurst-Nation" neidig sind und das Ehrenkreuz für sich selbst fordern, sind eine plumpe Fälschung, die mit bürgerlichem Namen Georg Pruscha und Ronald Kodritsch heißt.

Stell dir vor, es ist eine Demonstration und nur Derrick und Winnetou gehen hin. Konkret: auf den Ballhausplatz. Man musste nicht einmal genauer hinsehen, um zu erkennen: Horst Tappert (der seine angeblichen Basedow-Augen immer dementiert hat, weil er ja bloß die telegensten Tränensäcke der Filmgeschichte besitzt) und Pierre Brice, die beide dem "Schätzchen der Weißwurst-Nation" neidig sind und das Ehrenkreuz für sich selbst fordern, sind eine plumpe Fälschung, die mit bürgerlichem Namen Georg Pruscha und Ronald Kodritsch heißt.
Als nächstes (im Mai '98) ernannten sie Friedensreich Hundertwasser zum Künstler (weil es vorher noch niemand getan hat). Ronald: "I glaub a, wir sind ziemlich schuld dran, dass er seither extrem gut verkauft." Und war der Hundertwasser selbst dabei? "Sigst eh: Da auf der Bühne steht er" (Georg hält mir ein Foto hin). Also entweder hat es Hundertwassers Gynäkologe mit der Östrogenkur so besonders gut gemeint, oder eine Hochstaplerin hat die Auszeichnung unverdientermaßen eingeheimst (nämlich einen originalblauen Wettex-Lappen mit einer Sicherheitsnadel). Und hat der Hundertwasser (jener Hundertwasser, der noch wie er selbst aussieht) irgendwann im Nachhinein auf die Verleihung des Blauen Ehrenwettex erster Klasse reagiert? Georg: "Vielleicht is das eine Reaktion von ihm, dass es nachher fürchterlich g'schüttet hat."
Wie kann man ein Heiliger werden und sich dabei den Tod ersparen (vorerst)? Die Lösung: das Büro für Heiligsprechungen. Pünktlich zu Allerheiligen 1998 pfuschten die Ponchos dem Papst ins Handwerk (und seinem Heiligsprechungsmonopol) und boten · ohne gültigen Gewerbeschein fürs Heiligsprechen · die Heiligsprechung als Dienstleistung an.

Gratis. (Georg: "Wir haben halt beim Eingang einen Opferstock hingestellt.") Gekeilt wurden die angehenden Heiligen mittels Flugblättern, ausgeteilt von einem Nikolo mit Identitätskrise (Ronald im Nikolauskostüm mit Krampusmaske) und von einem Krampus mit Identitätskrise (Georg im Krampuskostüm mit Nikolausmaske).

Gratis. (Georg: "Wir haben halt beim Eingang einen Opferstock hingestellt.") Gekeilt wurden die angehenden Heiligen mittels Flugblättern, ausgeteilt von einem Nikolo mit Identitätskrise (Ronald im Nikolauskostüm mit Krampusmaske) und von einem Krampus mit Identitätskrise (Georg im Krampuskostüm mit Nikolausmaske). Im Büro saßen Nikopus und Krampolo dann aber als "seriöse" Bürokraten mit eigener Schreibmaschine da.
Damit die Beförderung zum Heiligen, zur Heiligen oder gleich zur ganzen Heiligen Familie durchging, reichte das Ausfüllen eines exzentrischen Fragebogens aus, einer Mischung aus Volkszählung ("Wie viele Personen sind Sie?"), statistischer Erhebung ("Sind Sie ein Arschloch?"), Intelligenztest ("Wie viele Bücher haben Sie?"), Meinungsforschung, Quiz und Überprüfung der Leidensfähigkeit ("Stellen Sie sich vor, Adolf Hitler hätte keinen Bart getragen. Glauben Sie, alle Menschen würden heute Hitler-Bärtchen tragen, um nicht mit Adolf Hitler verwechselt zu werden?" ). Einer wurde dann heiliggesprochen, "weil er die Donau verkürzt hat" ("Nennen Sie einen Fluss mit vier Buchstaben" · "Dona"). Wie viele Blödheiten lassen sich Leute in ihrer Titelsucht antun, obwohl dann nicht einmal der Heiligenschein inbegriffen ist? (Der muss einem nämlich von selber "wachsen".)
In Graz stürmte die "Poncho Army" im April '99 das Forum Stadtpark mit einem aberwitzigen Diavortrag, als gerade ein Politiker seine Eröffnungsrede halten wollte. Zu diesem Terroranschlag sahen sie sich genötigt, "weil Ägypter seitlich gehen". Ronald: "Poncho-Aktionen haben immer einen ernsten Hintergrund." Und was wäre das in diesem Fall? "Dass Eröffnungsreden immer furchtbar sind."
Und jetzt fühlen sich Rocky und Roxy Poncho auch noch für den Lottogewinn im Fischerdorf Peschici verantwortlich. Weil sie dort kurz davor mit ihren selbst gebastelten Ponchos wandelten (mit Steppdecken, die sie mit einem Loch in der Mitte geschändet hatten) und das Drehbuch für ihr Meisterwerk schrieben: den fünfteiligen Aufklärungsfilm "Kunst · Der große Almanach bis Zetmalnach". Den gescheit-absurden Kunstschocker drehten sie dann in unglaublichen (naja, nicht wirklich unglaublichen) 14 Tagen (Georg: "Nach zwei Wochen hamma die Kamera zurückgeben müssen"). Mit unerschütterlichem Dilettantismus. Und für ein, zwei Filmsekunden (um den Merksatz zu veranschaulichen: "Keinesfalls sollte Kunst explodieren") haben sie sich dann noch pyrotechnisch verausgabt. Die Cinemascope-Streifen legen allerdings die Vermutung nahe, dass der Aufwand im Raubkopieren bestand.
Der Sprecher Alfred (wahrscheinlich nicht wirklich ein Schüler von Rudi Carell), der uns restlos über die Kunst aufklärt, zeichnet sich vor allem durch seine wankelmütige und sehr lebhafte Frisur aus, die auf dem Kopf nicht stillsitzen will und eigentlich schon in die Kategorie "Toupet mit Tobsuchtsanfall" gehört.
Aus dem aberwitzigen Inhalt: Dali rettet einen Gugelhupf vor der Magensäure, indem er ihn in letzter Minute unter Denkmalschutz stellt, die Skihaube wird als Inspirationsquelle geoutet (vielleicht weil ein warmes Hirn schneller denkt als ein ausgekühltes) und die Zahnärztin als brachiale Muse. Ein Mann, der Leonardo da Vincis vermeintliches Selbstporträt im Gesicht picken hat, trinkt Schnaps mit einem Mann, der nur sich selbst, aber ganz bestimmt nicht Albrecht Dürer zum Verwechseln ähnlich sieht und der aber trotzdem an Dürers Häschen so lange herumgedoktert hat, bis es ein vollgültiges Skihaserl geworden ist (unter anderem).
"Was sagt uns die Kunst?": Auch göttlicher Babyspeck schreckt vor Schweinigeleien nicht zurück. Der holde Jesusknabe zur Maria: "Du Mama, was denkt sich eigentlich a Frau nach'm ersten Tuttlfick?" · "Weiß nicht." · "Das hab ich kommen g'sehn. Und was denkt sich a Frau nach'm zweiten Tuttlfick?" · "Na sag schon, Bua." · "Jetzt hab ich die Nase voll davon." (Mehrstimmiges Gelächter in freien Rhythmen.) Im Vatikan werden die Poncho Brothers damit sicher nicht punkten können.
Und wenn Rocky und Roxy Poncho sie nicht ohnedies geklaut haben, haben sie in ihrem Fünfteiler die wohl tröstlichste Antwort auf jene Weisheit gefunden, mit der uns Lukrez zurückgelassen hat ("Aus Nichts wird nichts"), nämlich: "Wenn das Nichts nicht nichtet, macht das auch nichts."
Wenn man die Filme im Schikanederkino nicht gesehen hat, dann hat man sie versäumt. Auf Ronalds persönlichen Wunsch ("Na dann schreib halt, dass die Videokassetten käuflich zu erwerben sind" ): Die Videokassetten sind käuflich zu erwerben (im Büro der Poncho Brothers, II, Heinestraße 32/3/6, Tel.: 212 51 09). Wer beim Anschauen instinktiv seine Ohren ausputzen will, um die Tonqualität zu verbessern, der kann den Ohrenschmalz getrost bei sich behalten, denn es wird nicht besser.
Dieses war der letzte Streich, doch der nächste ist schon in Bearbeitung: die "Lassen Sie sich berühmt machen"-Aktion. Irgendwann im Frühling werden irgendwo irgendwie sonderbare Gewinnkarten aufliegen. Und wer am Ende gezogen wird, bekommt sein ganz persönliches, absolut realistisches Denkmal in Wien. Als Standort soll der Graben im Gespräch sein. Aber man wird selbstverständlich nicht einfach diskret auf die Pestsäule aufgeklebt, wo man dann eh nicht weiter auffallen würde.
Und was passiert, wenn man bei den Poncho Brothers eingeladen ist und man Rocky und Roxy, die gerade noch ihr Sauerkraut gekaut haben, mit dem Ausruf aufscheucht: "So, jetzt mach ich aber ein Foto"? Ronald Kodritsch stülpt sich eine Bankräuberhaube über den Kopf und malt noch geschwind einen schwarzen Augenbalken für seinen Komplizen. Und dann posiert der eine als Bankräuber und der andere als mutmaßlicher Bankräuber, der gerade dabei ist, noch so lange unschuldig zu sein, bis man ihm seine Schuld nachweisen kann. Das hat mich, ehrlich gesagt, nicht wirklich gewundert.


Erschienen am: 11.02.2000

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