Weil Ägypter seitlich gehen
Ach, was muss man oft von bösen Künstlern hören oder lesen!!
Wie zum Beispiel hier von diesen, welche Rocky und Roxy Poncho alias
Derrick und Winnetou alias Krampus und Nikolo hießen. Und genaugenommen
heißen sie ja ganz anders, nämlich Georg Pruscha und Ronald Kodritsch
(aber das wissen nur Eingeweihte). Beide sind Sternzeichen Flipper
(Angaben ohne Gewähr), Georg wäre aber lieber Lassie. (Ob man freilich von
einem Sternzeichen zu einem andern übertreten darf, das soll Gerda Rogers
entscheiden.) Zwei Psychopathen, Vandalen, Anarchisten und Scharlatane im
Reich der Kunst. Ihr Vorstrafenregister ist, wenn man ihre Filme auch noch
dazuzählt, länger als das von Max und Moritz. Zum Einstand (im März
1998) gönnten sich die Poncho Brothers einen quantitativ nicht sehr
erfolgreichen Menschenauflauf anlässlich der Verleihung des
Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst an Uschi
Glas.
Stell dir vor, es ist eine
Demonstration und nur Derrick und Winnetou gehen hin. Konkret: auf
den Ballhausplatz. Man musste nicht einmal genauer hinsehen, um zu
erkennen: Horst Tappert (der seine angeblichen Basedow-Augen immer
dementiert hat, weil er ja bloß die telegensten Tränensäcke der
Filmgeschichte besitzt) und Pierre Brice, die beide dem "Schätzchen
der Weißwurst-Nation" neidig sind und das Ehrenkreuz für sich selbst
fordern, sind eine plumpe Fälschung, die mit bürgerlichem Namen
Georg Pruscha und Ronald Kodritsch
heißt. |
Stell dir vor, es ist eine Demonstration und nur Derrick und Winnetou
gehen hin. Konkret: auf den Ballhausplatz. Man musste nicht einmal genauer
hinsehen, um zu erkennen: Horst Tappert (der seine angeblichen
Basedow-Augen immer dementiert hat, weil er ja bloß die telegensten
Tränensäcke der Filmgeschichte besitzt) und Pierre Brice, die beide dem
"Schätzchen der Weißwurst-Nation" neidig sind und das Ehrenkreuz für sich
selbst fordern, sind eine plumpe Fälschung, die mit bürgerlichem Namen
Georg Pruscha und Ronald Kodritsch heißt. Als nächstes (im Mai '98)
ernannten sie Friedensreich Hundertwasser zum Künstler (weil es vorher
noch niemand getan hat). Ronald: "I glaub a, wir sind ziemlich schuld
dran, dass er seither extrem gut verkauft." Und war der Hundertwasser
selbst dabei? "Sigst eh: Da auf der Bühne steht er" (Georg hält mir ein
Foto hin). Also entweder hat es Hundertwassers Gynäkologe mit der
Östrogenkur so besonders gut gemeint, oder eine Hochstaplerin hat die
Auszeichnung unverdientermaßen eingeheimst (nämlich einen originalblauen
Wettex-Lappen mit einer Sicherheitsnadel). Und hat der Hundertwasser
(jener Hundertwasser, der noch wie er selbst aussieht) irgendwann im
Nachhinein auf die Verleihung des Blauen Ehrenwettex erster Klasse
reagiert? Georg: "Vielleicht is das eine Reaktion von ihm, dass es nachher
fürchterlich g'schüttet hat." Wie kann man ein Heiliger werden und
sich dabei den Tod ersparen (vorerst)? Die Lösung: das Büro für
Heiligsprechungen. Pünktlich zu Allerheiligen 1998 pfuschten die Ponchos
dem Papst ins Handwerk (und seinem Heiligsprechungsmonopol) und boten ·
ohne gültigen Gewerbeschein fürs Heiligsprechen · die Heiligsprechung als
Dienstleistung an.
Gratis. (Georg: "Wir haben halt
beim Eingang einen Opferstock hingestellt.") Gekeilt wurden die
angehenden Heiligen mittels Flugblättern, ausgeteilt von einem
Nikolo mit Identitätskrise (Ronald im Nikolauskostüm mit
Krampusmaske) und von einem Krampus mit Identitätskrise (Georg im
Krampuskostüm mit Nikolausmaske). |
Gratis. (Georg: "Wir haben halt beim Eingang einen Opferstock
hingestellt.") Gekeilt wurden die angehenden Heiligen mittels
Flugblättern, ausgeteilt von einem Nikolo mit Identitätskrise (Ronald im
Nikolauskostüm mit Krampusmaske) und von einem Krampus mit Identitätskrise
(Georg im Krampuskostüm mit Nikolausmaske). Im Büro saßen Nikopus und
Krampolo dann aber als "seriöse" Bürokraten mit eigener Schreibmaschine
da. Damit die Beförderung zum Heiligen, zur Heiligen oder gleich zur
ganzen Heiligen Familie durchging, reichte das Ausfüllen eines
exzentrischen Fragebogens aus, einer Mischung aus Volkszählung ("Wie viele
Personen sind Sie?"), statistischer Erhebung ("Sind Sie ein Arschloch?"),
Intelligenztest ("Wie viele Bücher haben Sie?"), Meinungsforschung, Quiz
und Überprüfung der Leidensfähigkeit ("Stellen Sie sich vor, Adolf Hitler
hätte keinen Bart getragen. Glauben Sie, alle Menschen würden heute
Hitler-Bärtchen tragen, um nicht mit Adolf Hitler verwechselt zu werden?"
). Einer wurde dann heiliggesprochen, "weil er die Donau verkürzt hat"
("Nennen Sie einen Fluss mit vier Buchstaben" · "Dona"). Wie viele
Blödheiten lassen sich Leute in ihrer Titelsucht antun, obwohl dann nicht
einmal der Heiligenschein inbegriffen ist? (Der muss einem nämlich von
selber "wachsen".) In Graz stürmte die "Poncho Army" im April '99 das
Forum Stadtpark mit einem aberwitzigen Diavortrag, als gerade ein
Politiker seine Eröffnungsrede halten wollte. Zu diesem Terroranschlag
sahen sie sich genötigt, "weil Ägypter seitlich gehen". Ronald:
"Poncho-Aktionen haben immer einen ernsten Hintergrund." Und was wäre das
in diesem Fall? "Dass Eröffnungsreden immer furchtbar sind." Und jetzt
fühlen sich Rocky und Roxy Poncho auch noch für den Lottogewinn im
Fischerdorf Peschici verantwortlich. Weil sie dort kurz davor mit ihren
selbst gebastelten Ponchos wandelten (mit Steppdecken, die sie mit einem
Loch in der Mitte geschändet hatten) und das Drehbuch für ihr Meisterwerk
schrieben: den fünfteiligen Aufklärungsfilm "Kunst · Der große Almanach
bis Zetmalnach". Den gescheit-absurden Kunstschocker drehten sie dann in
unglaublichen (naja, nicht wirklich unglaublichen) 14 Tagen (Georg: "Nach
zwei Wochen hamma die Kamera zurückgeben müssen"). Mit unerschütterlichem
Dilettantismus. Und für ein, zwei Filmsekunden (um den Merksatz zu
veranschaulichen: "Keinesfalls sollte Kunst explodieren") haben sie sich
dann noch pyrotechnisch verausgabt. Die Cinemascope-Streifen legen
allerdings die Vermutung nahe, dass der Aufwand im Raubkopieren bestand.
Der Sprecher Alfred (wahrscheinlich nicht wirklich ein Schüler von
Rudi Carell), der uns restlos über die Kunst aufklärt, zeichnet sich vor
allem durch seine wankelmütige und sehr lebhafte Frisur aus, die auf dem
Kopf nicht stillsitzen will und eigentlich schon in die Kategorie "Toupet
mit Tobsuchtsanfall" gehört. Aus dem aberwitzigen Inhalt: Dali rettet
einen Gugelhupf vor der Magensäure, indem er ihn in letzter Minute unter
Denkmalschutz stellt, die Skihaube wird als Inspirationsquelle geoutet
(vielleicht weil ein warmes Hirn schneller denkt als ein ausgekühltes) und
die Zahnärztin als brachiale Muse. Ein Mann, der Leonardo da Vincis
vermeintliches Selbstporträt im Gesicht picken hat, trinkt Schnaps mit
einem Mann, der nur sich selbst, aber ganz bestimmt nicht Albrecht Dürer
zum Verwechseln ähnlich sieht und der aber trotzdem an Dürers Häschen so
lange herumgedoktert hat, bis es ein vollgültiges Skihaserl geworden ist
(unter anderem). "Was sagt uns die Kunst?": Auch göttlicher Babyspeck
schreckt vor Schweinigeleien nicht zurück. Der holde Jesusknabe zur Maria:
"Du Mama, was denkt sich eigentlich a Frau nach'm ersten Tuttlfick?" ·
"Weiß nicht." · "Das hab ich kommen g'sehn. Und was denkt sich a Frau
nach'm zweiten Tuttlfick?" · "Na sag schon, Bua." · "Jetzt hab ich die
Nase voll davon." (Mehrstimmiges Gelächter in freien Rhythmen.) Im Vatikan
werden die Poncho Brothers damit sicher nicht punkten können. Und wenn
Rocky und Roxy Poncho sie nicht ohnedies geklaut haben, haben sie in ihrem
Fünfteiler die wohl tröstlichste Antwort auf jene Weisheit gefunden, mit
der uns Lukrez zurückgelassen hat ("Aus Nichts wird nichts"), nämlich:
"Wenn das Nichts nicht nichtet, macht das auch nichts." Wenn man die
Filme im Schikanederkino nicht gesehen hat, dann hat man sie versäumt. Auf
Ronalds persönlichen Wunsch ("Na dann schreib halt, dass die
Videokassetten käuflich zu erwerben sind" ): Die Videokassetten sind
käuflich zu erwerben (im Büro der Poncho Brothers, II, Heinestraße 32/3/6,
Tel.: 212 51 09). Wer beim Anschauen instinktiv seine Ohren ausputzen
will, um die Tonqualität zu verbessern, der kann den Ohrenschmalz getrost
bei sich behalten, denn es wird nicht besser. Dieses war der letzte
Streich, doch der nächste ist schon in Bearbeitung: die "Lassen Sie sich
berühmt machen"-Aktion. Irgendwann im Frühling werden irgendwo irgendwie
sonderbare Gewinnkarten aufliegen. Und wer am Ende gezogen wird, bekommt
sein ganz persönliches, absolut realistisches Denkmal in Wien. Als
Standort soll der Graben im Gespräch sein. Aber man wird
selbstverständlich nicht einfach diskret auf die Pestsäule aufgeklebt, wo
man dann eh nicht weiter auffallen würde. Und was passiert, wenn man
bei den Poncho Brothers eingeladen ist und man Rocky und Roxy, die gerade
noch ihr Sauerkraut gekaut haben, mit dem Ausruf aufscheucht: "So, jetzt
mach ich aber ein Foto"? Ronald Kodritsch stülpt sich eine Bankräuberhaube
über den Kopf und malt noch geschwind einen schwarzen Augenbalken für
seinen Komplizen. Und dann posiert der eine als Bankräuber und der andere
als mutmaßlicher Bankräuber, der gerade dabei ist, noch so lange
unschuldig zu sein, bis man ihm seine Schuld nachweisen kann. Das hat
mich, ehrlich gesagt, nicht wirklich gewundert.
Erschienen am: 11.02.2000 |
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