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25.09.2003 - Kultur&Medien / Ausstellung
SEXUELLE IDENTITÄT: GALERIE STEINEK - MINIMAL: GALERIE NÄCHST ST. STEPHAN - DRUCKERSCHWÄRZE: GALERIE GABRIEL

kunstraum

Matthias Herrmanns aktueller monumentaler fotografischer Werkblock zeigt ein feines Spektrum an Bildbeispielen, die zwischen extrovertierter, latent aggressiver Körperlichkeit und sensitiver Momentaufnahme der eigenen sexuellen Identität changieren. Das ejakulierende männliche Geschlechtsteil ist keineswegs provozierend und kalkulativ vordergründig eingesetzt, im Gegensatz zum kleinen "Kultur-Polit-Aufreger" im Sommerloch. Privatheit, Ruhe, Zurückgenommenheit und Gefühl für Komposition und koloristische Strahlkraft zeichnen die Unikatfotos aus, die alle mit dem Selbstauslöser realisiert worden sind. Ein Hauch von Wienerisch Aktionistischem liegt in der Luft - Herrmann lehnt sich mit einem Schuss Ironie an die fotografischen Ikonen von Schwarzkogler an, jedoch mit Distanz. Sie sind frontal und hieratisch strukturiert. Eine Arbeit davon kippt ins Clowneske, hat ja der Künstler ein Sackerl mit dem Schriftzug der Secession verkehrt herum aufgesetzt - eine Anspielung auf seine "nebenberufliche" Tätigkeit als Präsident. Die Ironie wird dann noch geschärft, wenn Herrmann seine Arbeit in den politischen Kontext stellt: die Ausgabe des Herald Tribune vom Tag des Ausbruchs des Irak-Kriegs als Hauptsujet - der gezackte Papierrand mutiert in eine scharfe Klinge, die die Zunge des sich ins Profil setzenden Künstlers zu zerschneiden scheint. (I.; Himmelpfortgasse 22; bis 31. 10.)

MINIMAL: GALERIE NÄCHST ST. STEPHAN

Klar und reduziert, dem Sinn der historischen Minimal Art entsprechend, zeigt sich der erste Raum der Personalausttellung von Sol LeWitt. Über die monumentale Wand zieht sich in ornamental-fließenden Lettern "Wall Drawing". Als subtiles Gegenstück stehen quadratische Druckgrafiken gegenüber. Aquatinta-Radiereungen, deren Bildfläche lebendige, jedoch zugleich wohl austarierte Kritzeleien präsentieren: Gustostückerln der minimalistischen Druckgrafik. Mit der Schau gewinnt man einen generellen Einblick in das vielfältige und starke druckgrafische Werk von LeWitt - serielle Abhandlungen von strengen geometrischen Formen in sensibler Linienführung. Die neueren Arbeiten verlieren dann an Schärfe und Überzeugung, vor allem die buntfarbigen leichten Linolschnitte. Die mäandrierenden Gouachen sind dagegen dichter in der grafisch-malerischen Pinselführung. (I., Grünangergasse 1; bis 18. 11.).

DRUCKERSCHWÄRZE: GALERIE GABRIEL

Auf Robert Motherwells druckgrafische Werke in Wien zu treffen, ist schon eine Besonderheit. Schwere kräftige Lithografien in Schwarz bestimmen in ihrer Gewichtigkeit die Ausstellung. Abstrakte lyrische Strukturen werden in den Stein hineingezogen, die im Endprodukt Momente von Fließen und Schweben vermitteln. Dazu gesellen sich erlesene Arbeiten, die Motherwells Vielfalt zum Ausdruck bringen. Wenngleich die Ungegenständlichkeit, persönliche Handschrift und das Schwarz das druckgrafische Werk Motherwells dominieren, findet man Alltagsbezogenes, wie etwa Collageteile von Zigarettenpackungen oder fotografische Ausschnitte aus der Großstadt in den Lithografien. Ein Muss für Liebhaber von Radiernadel, Schieferstein und Druckerschwärze. (I., Seilerstätte 19; bis 29. 11.) Florian Steininger

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