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Quer durch Galerien

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Susanna & die Naturkundler

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Wen interessieren schon die Pinkelpausen und Geschlechtsumwandlungen anderer Leute? Na ja, so ziemlich jeden. In der Fotogalerie (Währinger Straße 59) werden nun freundlicherweise einige Intimzonen "veröffentlicht". Bis 13. Jänner.
Bei Rita Fabsits denkt man spontan an Susanna und die beiden Alten. Nur dass die beiden Alten halt ausnahmsweise keine herkömmlichen Spanner sind, sondern Naturkundler, die Susannas Verrichtungen im Bad streng wissenschaftlich mit dem Fotoapparat protokollieren. Die passfotokleinen Bilder (so intim wie Schlüssellöcher) könnten also problemlos betitelt sein: Susanna führt den beiden Alten vor, wie eine Frau sich "ganz natürlich" abtrocknet, wenn sie sich keiner Voyeure bewusst ist. Witzig paradox. (Oder banal feministisch?)
H. H. Capors Beitrag lebt von der überschwänglichen Erotik einer Sissi, die den allgegenwärtigen Fotoapparat unermüdlich mit ihrer Fleischlichkeit provoziert. Und in ihrem obszönen Übermut sogar im Winter draußen die Hose runterlässt. In Worte gefasst sagen ihre Handlungen in etwa: Ätsch, während du fotografierst, kannst du nicht leben (nur zuschauen), und während du lebst, kannst du nicht fotografieren!
Man ist ja doch erst ein richtiger Mann, wenn man im Stehen pinkeln kann: Mariette Pathy Allen hat eine "gebürtige Frau" begleitet, die sich in einen demonstrativ männlichen Waffenbesitzer und "Klobrillenhochklapper" umbauen ließ. Und führt den Geschlechtsmerkmals-Fetischismus in poetischen, brutalen und bewegenden Bildern vor. Mit dramaturgischem Geschick. Die "Nochfrau" macht als Nackerpatzl in der Natur ihren alten Körper noch ein letztes Mal dreckig, bevor sie sich tags darauf in den sterilen OP legt, wo zwischen den hygienisch verpackten Chirurgen und Körperteilen als einziges Fleisch ihre "Nochbrüste" herausschauen. Gekonnt melodramatisch: die "weinende Brustwarze", von der nämlich Desinfektionsmittel tropft (die Brust vergießt vor ihrer Amputation Abschiedstränen). Grauslich: In Umkehrung von "Adams Rippe" spendet sich Eva selbst einen Muskel aus ihrem Unterarm und lässt ihn sich weiter unten als Männlichkeit montieren. Eine spannend pikante Schau, in der sittenstrenge Personen mindestens 30 Feigenblätter zu verteilen hätten.
Paparazzi drücken so schnell ab, dass sie meist die Persönlichkeit nicht mit aufs Foto kriegen (sondern nur die öffentliche Hülle). Rudi Molacek (bis 6. Jänner im Raum Aktueller Kunst, Eschenbachgasse 11) nimmt sich die Zeit, abzuwarten, bis die Leute, die er fotografiert, wirklich und mit ihrer kompletten Ausstrahlung anwesend sind (und bis Georg Herold einen Ziegelstein auf dem Kopf hat).
Die Bildwelt von Christoph Urwalek (bis 10. Jänner im artLab, Dorotheergasse 12) möchte man irgendwo zwischen dem flüssigen und gasförmigen Aggregatzustand einordnen: So etwas wie Landschaft im bunten Regen, im Farbsturm oder im eingefärbten Nebel. Hervorragend ist das ausgewogene Verhältnis zwischen dem gestischen und dem kontemplativen Umgang mit der Farbe. Und die "schwebende" Farbigkeit: Die Bildtiefe ist so schwer zu schätzen wie die Tiefe eines Teichs, in den man blickt.
Schön langsam zweifle ich ja an meiner Kritikfähigkeit, weil ich schon fast alles für gut befinde. Einen Grund zum Nörgeln finde ich hier "zum Glück" aber doch: Dort wo Urwalek die atmosphärische Bildwelt mit netzartigen Strukturen überzieht, da bekommt die Ausstrahlung der Bilder einen (zugegebenermaßen: kleinen) Dämpfer.

Erschienen am: 29.12.2000

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