Salzburg - Sie kann Schatten spenden oder auch Nässeschutz bei einem Platzregen bieten: Tony Craggs jüngst am Makartplatz beim Landestheater enthüllte Skulptur Caldera (geologischer Begriff für einen vulkanischen Kraterkessel) ergießt ihr mehr als 6 Tonnen schweres Magma springbrunnenartig fünf Meter in die Höhe. Und auch die ersten Touristen schmeißen sich in der bronzenen Tropfsteinhöhle des in Wuppertal lebenden britischen Künstlers bereits in Pose. Der etwa 500.000 Euro teure und ausschließlich privat finanzierte Unterschlupf ist der jüngste Streich der Salzburg Foundation.
Seit 2002 stiftet die Initiative jedes Jahr zur Festspielzeit eine Skulptur für den öffentlichen Raum und die entsprechende Diskussion unfreiwillig und gratis dazu. Schon bei Anselm Kiefer 2002 war (und ist) das so, und bei Mario Merz, Marina Abramoviæ, Markus Lüpertz, James Turrell und zuletzt mit Stephan Balkenhols Sphaera am Kapitelplatz war das nicht viel anders. Auch die entsprechenden Wortbeiträge variieren nicht sehr. Von rechts der Mitte hieß es heuer eher lau - es scheinen Gewöhnungseffekte einzutreten - "Die Altstadt darf keine Kulturentrümpelungsstätte werden".
Ähnliches oder Recyceltes wird man auch 2009 wieder hören, wenn Walter Smerling, Kurator der Salzburg Foundation, mit Christian Boltanski ein Projekt für die romanische Krypta des Domes realisieren möchte. 2010 soll es chinesisch zugehen, 2011 sollen drei Österreicher zum Zug kommen. Auch für den Abschluss des Projekts 2012 gibt es Vision und Dimension: Smerling träumt von einem Kubus am Mönchsberg, einer kleinen Herberge für Kunst.
Die Reaktion namhafter Künstler auf den kulturgeschichtlich durchwirkten Stadtraum will die Foundation jährlich vorführen. Einer Interaktion mit dem Makartplatz, einem Ort, wo früher Autos parkten - "ein riesiges Volumen an Farben und Material, das offenbar keinen stört" - widerspricht Cragg allerdings selbst. Den Entwurf, der sich in seinem Atelier fand, habe er für Salzburg nur wenig geändert.
Also auch in dieser Hinsicht ist seine Skulptur mehr Stadtmöbel als
prozessorientierte Kunst im öffentlichen Raum. Angesichts der aktuellen
Farce um zwei Säulen des Künstlers, die er für den Magdeburger
Universitätsplatz entwarf, mag man ihm das nachsehen. Ungeachtet der
Planung und der bisher erfolglosen Suche nach einem Sponsor, diskutiert
dort die Stadt alternative Aufstellungsorte. Auch verschoben wurde in
Salzburg: Um 92 Meter wurde die Behausung für Anselm Kiefers Beitrag im
Furtwängler-Park verlegt, die komplette Anlage folglich erneuert. Und
auch am neuen Standort reißt die Mäkelei über das Häuschen nicht ab.
Blicke
auf neueste, recht kitschig-fromme Arbeiten Kiefers ermöglicht die
Galerie Ropac pünktlich zu Festspielstart. Auch bei Heike Curtze zäumt
man wie jedes Jahr die Quotenbringer Günter Brus, Hermann Nitsch und
Arnulf Rainer auf. Nikolaus Ruzicszka knipst mit Fiat Lux (Jenny
Holzer, James Turrell und Co) das Licht an und trumpft in der Neuen
Residenz mit den preislich in schwindelnde Höhen aufgestiegenen AES+F
auf. Wohltuend Zurückgenommenem begegnet man im Traklhaus (Franz Graf)
und in der Galerie UBR (Joachim Grommek). (Anne Katrin Feßler, DER
STANDARD/Printausgabe, 29.07.2008)
Ein harmloses vulkanisches Aufbäumen im Park: Tony Craggs "Caldera" für den Makartplatz. Foto: Salzburg Foundation / Siebinger