19.06.2002 16:48 MEZ |
Der Kompromiss als
Zukunftswink
Edelbert Köb präsentiert ein erneut eröffnetes, entschlacktes
Wiener Museum moderner Kunst
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Von
Markus Mittringer Link mumok.at Ausstellung "Fokus 01: Rebellion und Aufbruch - Kunst der 60er Jahre", 20.6. 2002 bis 26.10.2003, Di-So, 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr Direktor Edelbert Koeb in den Räumen
des MUMOK vor der Skulptur 'Römischer Reiter' von Alexander
Calder |
Erneut wurde das Wiener Museum moderner Kunst eröffnet: Es präsentiert sich jetzt entschlackt. Direktor Edelbert Köb verzichtet auf der Suche nach einem Profil für das Haus mit unglücklicher Geschichte auf den großen Überblick. Auf Basis der Aktionisten will er wechselnde Einblicke in die Sammlung geben.
Wien - Mit Edelbert Köb hat man dem Wiener Museum moderner Kunst im Nachhinein einen Bauherren zugedacht. Sein Vorgänger, Lóránd Hegyi, wollte diese Position nie einnehmen. Kunsthistoriker sei er, und also für das Sammeln, Bewerten und Bewahren zuständig. Seine Baustellen lagen in Ost- und Mitteleuropa. Von dort aus wollte er Konstruktionen errichten, die das Sehfeld der Kunstgeschichte erweitern, die Blicke der Professionisten und auch jene der Liebhaber durch die engmaschigen Sicherheitszäune des geschäftigen Kunstbetriebes hindurchführen sollten. Das Haus im Quartier sollte als Büro, als Lager und als Wunderkammer dienen. Wie es aussehen würde, rührte ihn herzlich wenig. Und so ist fast ohne sein Zutun ein Museum entstanden. Seine Erscheinung verdankt es der Bereitschaft seiner Architekten Ortner & Ortner, sich so lange den ebenso vagen wie permanent wechselnden Absichten, die mit dem Bau verbunden waren, zu beugen. Ortner & Ortner übergaben den Neubau mit einer beachtlichen Mängeldokumentation, und Lóránd Hegyi, der noch vor der Eröffnung verabschiedete Gründungsdirektor, ließ, um einmal noch seine Arbeit zeigen zu können, den Basaltblock von innen verhütteln, skizzierte sein enzyklopädisches Weltbild in Dutzenden Kabinetten. Haus und Sammlung gaben danach die Gegner in einem nie erklärten Krieg. Edelbert Köb begann den Konflikt radikal zu schlichten: Wo ohnehin viel zu wenig Platz umbaut wurde, um alles zu zeigen, dort muss auch jeder (Hegyis) Versuch eines Überblicks scheitern. Wenn das Haus mit seinen versetzten und noch dazu durch seinen imposanten Liftschacht voneinander getrennten Ebenen jedem chronologischen Bemühen widerspricht, dann müssen einzelne Sektoren eben getrennt voneinander funktionieren. Und dann muss in den Ortnerschen Luftraum eben eingedrungen werden, muss eine Brücke her, um zumindest eine sonderausstellungstaugliche, also durchgehende Fläche zu simulieren. Heimo Zobernig hat das gemacht - weiß und eckig, wie immer. Sein Hohlquader als Steg über die Liftklamm stört leidlich. Da schmerzt die Projektion auf den schwarzen Basalt, die Behelfsbrücke wäre vom Dorotheum finanziert worden, schon weitaus mehr. Zu betreten sind die nun hoffentlich ordentlich kommunizierenden Ebenen noch nicht. Köb eröffnet (zwecks Optimierung der Zahl vermarktbarer Events?) in Etappen. Erst zur Vernissage von Chris Burdens Installation 'Tower of Power' am Abend des 28. Juni wird die Brücke, die sich auch "Rauminstallation" nennt, und als solche wiederum "Weißer Kubus", ihre konzeptuelle und praktische Tragfähigkeit beweisen müssen. Anstatt einer klassisch musealen "Dauerausstellung" konzentriert sich Köb auf wechselnde, die charakteristischen Sammlungsbereiche des Mumok dafür umfänglicher darstellende und um Dokumentations- und Archivmaterialien angereicherte Präsentationen. 'Fokus 01 - Rebellion & Aufbruch Kunst der 60er- Jahre' rückt bis Oktober 2003 die Bestände an Fluxus, Nouveau Réalisme und Pop-Art in Verbindung mit dem Wiener Aktionismus aus dem Lager ins Licht. Letzterer soll als Sammlungsschwerpunkt ausgebaut und permanent gezeigt werden - als logische Fortsetzung der Dauerschau im benachbarten Museum Leopold. Bis 8. September ergänzt eine Installation von Ergebnissen der 20. Malaktion Hermann Nitschs im Ovaltrakt des Museumsquartiers die Rückschau auf die Eigenart der heimischen Rebellion. Edelbert Köb hat erwartungsgemäß konsequent ausgemistet und raumkosmetisch durchgegriffen. Er hat den Bau, so gut es eben ging, adaptiert. Das Mumok bleibt ebenso erwartungsgemäß in jeder Hinsicht ein Kompromiss - ein neu gebauter. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.6.2002) |