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vom 21.04.2005 - Seite 021

Totgesagte leben tatsächlich länger

"Die Malerei ist tot!" - Dieser Spruch zieht sich tatsächlich schon durch zwei Jahrhunderte. Paradoxerweise gibt die Totgesagte auch derzeit wieder ein kraftvolles Lebenszeichen von sich: an der Kunstuni Linz präsentiert Ursula Hübner ihre Malereiklasse der Öffentlichkeit.

VON IRENE JUDMAYER

"Einstiegsseminar der Freizeitpädagoginnen. Bei der Nachmittagseinheit." - so heißt die kuriose Porträtserie von Andrea Lüth, die oben im zweiten Stock der Linzer Kunstuni (Hauptplatz 8) hängt. Was auf den ersten Blick wie naive Malerei wirkt, fährt auf den zweiten mit harter Satirefaust mitten ins Sonnengeflecht. Die Köpfe leicht schräg gelegt, sanft-verständliches Lächeln: Die uniforme Maske positiv denkender Esoterikerinnen als Schablone vor tatsächliches Empfinden gelegt.

Lüths Serie markiert eine spezifische Position der Malerei, die hier erfrischend unprätentiös gezeigt wird. Weit weg vom Altmeisterlichen. Aber - wie angedeutet -, eben nur eine jener Positionen, die Studierende und bereits mit dem Diplom Ausgezeichnete der Malerei / Graphik-Abteilung hier vorstellen.

Neue Medien als Basis

Auch ein Paradoxon tut sich auf: Der Fotorealismus früherer, langwieriger altmeisterlicher Lasurtechniken ist tasächlichem Foto-Realismus gewichen. Viele der gezeigten Bilder basieren auf neuen Medien. Mit Projektionsapparaten auf Leinwand geworfen, nachgemalt, gedruckt.

Helene Schobers dynamische Eishockey-Cracks etwa. Oder die Kleinformate von Birgit Petri, die - immer in Gruppen auftretend - wie Viren des Alltäglichen die Mauern erobern.

Es darf ausprobiert werden

Dann Alfred Grubbauers herrliche Bild-Satire "Sommerkleid". Dann die technisch und formal bestechenden Werke von Franz Obojes. Die klinisch kühle, lachende Dreierrunde von Elisabeth Wagner, die schrägen Arbeiten von Philipp Hanich. Und Clemes Wolfs "Weißer Hai" -Montage aus Film- und Industrieszenerie.

Manche dieser Arbeiten auf Foto bzw. Videobasis schrammen zwar nur knapp am Grat zur völligen Beziehungslosigkeit vorbei, aber: Es darf ausprobiert werden, heißt die Devise des Lernens.

Was anscheinend auch mit Lust getan wird: Egal, ob mancher "vangoghelt" (Arthur Blaschegg), manche einen sicheren Strich hat (Kristyna Krabatschová) oder wer unsere Sinne mit vorgetäuschter Idylle (Thomas Weinberger) irritiert.

"Ich bin mehr als glücklich" äußert die neue Malerei-Professorin Ursula Hübner ihre Freude über diese Ausstellung. Aus 1000 Arbeiten hat sie 200 zur Präsentation ausgewählt. Nach sieben Jahren Kunstuni-Malerei-Sendepause beweist sie damit, dass Totgesagte tatsächlich länger leben¼

Positionen neuer Malerei: Eishockey-Cracks von Helene Schober und ironisches "Sommerkleid" von Alfred Grubbauer Foto: OÖN7Judmayer


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