Wiener Secession: "Gefangen in der Gegenwart" - Manfred Erjautz
Verfremdung -Umkehr -Störung
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Der Schneemann von Manfred Erjautz im Garten der Secession,
den Besucher durch ein geöffnetes Fenster des Hauptraums im Garten stehen
sehen, ist im Herbst zu früh da und im Frühjahr ein Relikt. An sich ist er
auch ein Gedenkstein oder eine Schneemannfälschung, denn er besteht aus
feinstem Marmor und ist bis 14. April "Gefangen in der Gegenwart". Von
außen ist auch nachts die Ausstellung innen sichtbar, da die
Neonbeleuchtung von "Me" - am Boden als Schatten "We" zu lesen - mit einer
vierarmigen Straßenleuchte im Glasdach über dem Hauptraum verbunden
bleibt. Das blau leuchtende Logo setzt wie die angeblich letzte
funktionstüchtige Legowaffe "TK 1" (einer Serie, mit Thomas Köhler
hergestellt) und die Diashow "Gunshot" Arbeitskonzepte des 1966 geborenen
Künstlers fort. Dazu kommen einige wenige Werke, die den Raum aber
nicht weiter zur erhabenen Symmetrie zwingen: Zeichnungen, die einen
scheinbaren Blick von unter der Erde auf eine Baumlandschaft gestatten,
und einige auf Aluminium mit feinen Rollenenden fixierte C-Prints, die im
Raum hängen und in einer verfremdenden Unklarheit Zentralperspektive in
Modellen und Architekturen untersuchen. Verstörend weiters das Video
"Moneymaker", eine mit Überwachungskamera im Atelier nachgestellte
Situation eines Banküberfalls, die immer wiederkehrt.
Irritationsmeisterlich geht Erjautz auch damit auf unsere ständige
Überforderung zwischen innen und außen, privat und öffentlich usw. ein.
"Hier ist dort 2", kuratiert von Anna Meyer, zeigt in Galerie,
Grafischem Kabinett, Foyer und an der Fassade 11 Positionen von
Künstlerinnen und Künstlern zur Malerei zwischen Realität und Abstraktion
und bindet in die Visualisierungsprozesse auch Bezüge zum Beginn der
Moderne ein: So zitierte Ellen Harvey an mehreren Stellen im Haus und
draußen in kleinen Vignetten den Beethovenfries, verwoben in Schrift: "Bad
boy", Esther Stockers großes geometrisches Gemälde im Foyer erinnert an
Hoffmanns frühes geometrisches Relief zur Beethoven-Ausstellung 1903 und
steht im Kontrast zum Hippie-Blumenfries auf Plastik von Lisa Milroy. Tim
Gardner stellte mit Silberwänden und Lichtröhren am Boden der Galerie den
Raum auf den Kopf, daneben schuf Amelie von Wulffen eine malerische
Grotte, Katrin Plavcak geht von Flüchtlingen auf einem Lastwagen (wieder
auf Silberwand) aus, Marko Lulic spielt mit Zitaten an der Plakatwand der
Fassade auf politische Projekte an; Melanie Smith lotet die Relaität
zwischen Foto und Malerei als wesentliches Thema unserer Zeit aus und
eingeladen von den Jüngeren ist Hildegard Joos mit ihren Vorwegnahmen für
die Malerei heute. Die Schau kam vom Salzburger Kunstverein und geht
weiter nach Bonn.
Erschienen am: 21.03.2002 |
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