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23.09.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstmarkt: Arm, aber glücklich
VON ALMUTH SPIEGLER
Die Off-Szene ließ heuer das um Attraktivität kämpfende 9. Berliner "Artforum" blass aussehen.

Erster Berliner Kunstsalon. Klingt ver zopft nach alt und dekorativ, ist aber das Gegenteil. Unter diesem altehr würdigen Namen setzt heuer erstmals die Off-Szene der deutschen Hauptstadt einen Gegenpol zum Marktplatz der arrivierten Galerien im Messezentrum, der 9. Artforum-Kunstmesse. Während sich auf der sicheren Seite die Besucher brav vor der üblichen Malerei und Fotografie drängten, stauten sich auf der weniger kommerziellen Seite die Jungen vor einer Blind-Date-Maschine oder der Beratungsstelle für ein Leben ohne Geld - die Sitzung kostet zehn Euro. Dazu gesellt sich in der 4000 Quadratmeter großen Fabrikshalle im Bezirk Treptow zynische bis nette Malerei, Zeichnung, Foto, Objektkunst - etwa ein zum Aquarium umfunktionierter Rolls Royce.

Ein origineller Abenteuerspielplatz 34 junger Berliner Künstler, Projekträume und Starter-Galerien. Wie die Pilze schießen sie aus dem Boden der pulsierenden Stadt, die sich mit über 500 Räumen für bildende Kunst zu einem Magneten für Künstler aus aller Welt entwickelt hat.

Die eingefrorene Szene-Variante war in der Sonderschau des "Artforum" mit dem wenig originellen Titel "Made in Berlin" zu sehen: Hier präsentierten die an der gestern zu Ende gegangenen Messe teilnehmenden, überwiegend deutschen Galeristen ganz lieb ihre in Berlin wohnenden und arbeitenden Schützlinge. Obwohl nach der dramatischen Abwanderung der wichtigsten Galerien 2003 zur neuen Londoner Herbstmesse "Frieze" heuer viele wieder zurückgekehrt sind, schien das Artforum zwar hoffnungsfroh, aber etwas blutleer: Überraschungen boten sich keine, neben einem auffällig großen Angebot an Fotografie fand sich entsprechend dem Trend viel gegenständliche Malerei, von der Foto-Abmal-Fraktion bis zur mythisch-verrätselten Abteilung.

Von über 170 auf 119 Teilnehmer eingeschrumpft und in die ideal hellen, denkmalgeschützten Hallen unter dem Funkturm übersiedelt, konnte sich auf der Messe zwar niemand über die Besucherzahlen beklagen - allein 12.000 waren es bei der Vernissage -, doch die Verkäufe gingen eher schleppend. An den Ständen der Münchner Galerie Tanit und der Antwerpenerin Stella Lohaus etwa konnte die Enttäuschung nicht verborgen werden. Aber nie ist etwas schwarz-weiß: Platzhirsche wie "Eigen & Art", die gleich zu Beginn einen großen Neo Rauch um 170.000 Euro verkauften, konnten wie Thaddaeus Ropac ihren Stand fast ausverkaufen. Auch die weiteren fünf Galerien aus Österreich, darunter Kargl, Krobath Wimmer, Johann Widauer, schienen zufrieden. Bleich Rossi aus Graz hatte Erfolg mit Multiples von Kippenberger; großes Interesse wenigstens konnte Lisi Hämmerle (Bregenz) bei den flimmernden LED-Objekten von Ruth Schnell verbuchen, die Wörter auf die Netzhaut zu zaubern vermögen.

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