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Kunstberichte
Das Theater an der Wien ist um ein neues Vordach und eine Mozart-Installation erweitert

Die Würfel sind gefallen

Das Theater an der Wien
 hat ein neues Vordach, das nun alle vier Eingänge des Opernhauses mit

einander verbindet. Realisiert hat es die Architektin Golmar 
Kempinger-Khatibi. Foto: Th.a.d.Wien/Rupert Steiner

Das Theater an der Wien hat ein neues Vordach, das nun alle vier Eingänge des Opernhauses mit
einander verbindet. Realisiert hat es die Architektin Golmar Kempinger-Khatibi. Foto: Th.a.d.Wien/Rupert Steiner

Aufzählung Ein Vordach aus Stahl und Glas verbindet die vier Eingänge des Wiener Opernhauses.
Aufzählung Valie Export zeigt im Foyer ein musikalisches Würfelspiel nach Mozart.

Wien. (jubel) Jeder kann auch komponieren. Und wenn schon nicht direkt mit Noten, dann zumindest mit Würfeln. Und gewürfelt hat die österreichische Künstlerin Valie Export in den vergangenen Monaten intensiv. Das Resultat eines Sommers mit immer wieder zwei mal sechs Möglichkeiten präsentierte Valie Export nun im Theater an der Wien, wo sie die Ergebnisse des musikalischen Würfelspiels nach Wolfgang Amadeus Mozart im umgestalteten Foyer in Form einer Installation umgesetzt hat.

Geworden ist es eine Art "Mozart-Denkmal", das für das ehemalige Beethoven-Zimmer des Theaters konzipiert worden ist. An die Rückwand dieses nun in das erweiterte Foyer integrierten Raumes hat Valie Export einen elfteiligen, transparenten Glas-Paravent mit einer Gesamtgröße von rund 24 Quadratmetern gestellt, der mit Noten bedruckt ist. Die Grundlage dafür bildete ein Mozart zugeschriebenes Würfelspiel: "Mozart hat einst eine Tabelle geschrieben, mit deren Hilfe jeder mit Würfeln komponieren kann. Die Tabellen geben dann gewisse Noten vor. Siehe Beuys’ ‚Jeder ist ein Künstler‘ – wenn man das umlegt, hieße es bei Mozart ,Jeder ist ein Komponist‘", erläutert Valie Export ihre Arbeitsgrundlage.

Musikalischer Zufallsreigen in filmischer Dauerschleife

Valie Export hat sich dabei ihr Werk "in einer sehr intensiven, langen Zeit" erwürfelt. Das dadurch entstandene Klavierstück wurde dann von Gerald Preinfalk für Sopransaxofon transponiert und eingespielt. Zur Installation gehört auch ein Monitor, auf dem die würfelige Anstrengung der Künstlerin in der Dauerschleife läuft. Dass die Aufstellung ihres Werkes im Theater an der Wien wegen Zeitproblemen nicht schon 2006 erfolgen konnte, nimmt sie pragmatisch: "Genau das ist letzten Endes auch der Reiz und die Chance, wenn man in so ein Projekt erneut einsteigt und es verändert, oder erweitert."

Verspiegeltes Glas und durchbrochenes Metall

Knapp fünf Jahre nach seiner Generalsanierung zum neuen Opernhaus hat das Theater an der Wien damit sein endgültiges Entree, für das die Architektin Golmar Kempinger-Khatibi das Vordach des ältesten bespielten Wiener Musiktheaters neu gestaltete.

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Valie Export vor den Glas-Tafeln der Würfel-Komposition. Foto: apa

Das neue Dach vor der Oper ist ebenso transparent wie Valie Exports Installation im Inneren. Einer Glasplatte ist eine verspiegelte und mehrfach durchbrochene Metallkonstruktion untergehängt. Durch sie wird des Nachts das Licht zu Kegeln gebündelt. Es gehe um "Atmosphäre und Räumlichkeit", freute sich die Architektin über ihr Werk. Der Auftrag zur Neugestaltung war ein komplexer, denn der Eingangsbereich des Opernhauses wurde seit dessen Errichtung 1800 mehrfach versetzt, erweitert und umgestaltet. Die helle Steinverkleidung auf der Vorderseite und das alle vier Eingänge umspannende Vordach versuchen, Ruhe in ein Nebeneinander verschiedener Stile und Zeiten zu bringen.

Es wird wohl nie gelingen, den Mix aus Jahrhundertwende, Nachkriegs-Ästhetik und Zeitgenössischem zu einem homogenen Ganzen zu bündeln. Nach der jüngsten Neuerung kommt zumindest annähernd das Gefühl auf, hier ein Opernhaus zu betreten.

Ab Mitte Oktober 2010 zeigen das Belvedere Wien und das Lentos Kunstmuseum Linz eine umfassende Ausstellung aus dem Gesamtwerk von Valie Export unter dem Titel "Zeit und Gegenzeit".



Printausgabe vom Mittwoch, 06. Oktober 2010
Online seit: Dienstag, 05. Oktober 2010 19:48:00

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