Peter Kogler
überzieht die Südfassade des Innsbrucker Rathausturms mit
einem komplexen Röhrenmuster. Foto : Halbe
Raumskulptur in
Schwarz-Weiß
Mit dem neuen Rathaus und den
Rathausgalerien wird Innsbruck ein kleines bisschen mehr zur
Großstadt.
Von E.
SCHLOCKER INNSBRUCK. Wenn am Freitag das Rathaus und
die Galerien offiziell eröffnet werden, bedeutet dies das Ende
einer fast fünfzigjährigen Schwangerschaft. Denn die Pläne für
ein neues pulsierendes Herz im Zentrum der Stadt gehen bis in
die ersten Nachkriegsjahre zurück. Nach einem ersten
Wettbewerb in den 80-er Jahren ging das Projekt des
Architektenteams Dominique Perrault/Rolf Reichert als Sieger
aus einem zweiten hervor, das von ATP als Generalplaner in den
vergangenen zwei Jahren nun umgesetzt worden ist.
Mit
dem städtebaulich zentral gelegenen Projekt wurde eine seit
Kriegsende bestehende "Wunde" geschlossen. Denn der neue
vielgliedrige Gebäudekomplex bindet nicht nur die bestehenden
Rathausteile in der Maria-Theresien-Straße bzw. in der
Fallmerayerstraße zusammen, sondern verlängert durch den
Hotelkomplex auch die Bauflucht der Stainerstraße. In einer
weiteren Baustufe soll das neue Ensemble bis in die
Anichstraße fortgesetzt werden, wodurch eine großzügige
innerstädtische Flaniermeile entstehen wird. Dominiert wird
Perraults Entwurf von einem 40 Meter hohen gläsernen Turm. Das
Spiel mit unterschiedlichen Qualitäten des Transparenten bzw.
mit den Farben Schwarz und Weiß zeichnet sämtliche Baukörper
aus. Leider hat das Denkmalamt der Idee des Architekten, den
Schwarz-Weiß-Raster über alle drei Rathausteile auszubreiten
und diese somit zu einer Einheit zusammenzubinden,
verhindert. Dominique Perrault ist ein sensibel auf
Vorgegebenes, Landschaft wie Geschichte reagierender
Bauästhet, seine Architektur ist skulptural. Eine wichtige
Rolle spielt in diesem Zusammenhang die "Kunst am Bau", die
von Silvia Eiblmayr und Edelbert Köb kuratiert wurde und der
Stadt Innsbruck 700.000 Euro wert war.
14 Künstler -
zehn davon aus Tirol - setzen im neuen bzw. neu gestalteten
Rathauskomplex ihre Akzente. Am spektakulärsten tut dies Peter
Kogler mit seiner Röhrenstruktur, mit der er die Südfassade
des Campanile überzieht. Das gläserne Dach des ersten
Innenhofs der Rathausgalerie wurde vom französischen
Konzeptkünstler Daniel Buren als poetische Reminiszenz an die
Passagenkultur des 19. Jahrhunderts farbig
gestaltet.
Eine ca. 30 Quadratmeter große Wand im
zentralen Eingangsbereich wird abwechselnd von Ernst Trawöger,
Walter Obholzer, Eva Schlegel und Matt Mullican bespielt. Alle
ihre Arbeiten setzen sich mit dem urbanem Leben auseinander.
Den im Turm untergebrachten neuen städtischen Plenarsaal hat
Heinz Gappmayr mit zwei Wörtern, die es in sich haben,
künstlerisch pur gestaltet: Das Wort "ist" steht für das
Individuelle, das Wort "sind" für das Kollektive.
In
Bälde montiert werden soll an der Kaminwand des nordöstlich
des Hotels situierten Gymnasiums ein riesiges Foto eines Ohrs
- für die deutsche Künstlerin Isa Genzken Metapher für das
offene Ohr der Obrigkeit für die Bürger. Josef Dabernig,
Martin Gostner, Dorit Margreiter, Ricarda Denzer und Milica
Tomic setzen sich in den Zwischenetagen des Rathauses in der
Fallmerayerstraße auf ganz unterschiedliche Weise mit dem
Urbanen auseinander.
2002-09-10
17:02:28
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