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Hauptausgabe vom 19.12.2003 - Seite 021
Radio-Schnipsel und Kabelwürmer

Haben Sie Lust am Spiel mit Klangfetzen? Können Sie sich an absurden Sounds begeistern? Falls ja: Dann sind Sie richtig bei der Ausstellung zweier Mediendesign-Gruppen, die im Linzer O.K junge und ältere Klangbastler überzeugen wird.

VON IRENE JUDMAYER

Unzweifelhaft. Der Lebenssaft für das hier Gezeigte ist pure Elektrizität. Wie bloßgelegte Adern leiten uns die Kabelstränge in die einzelnen Räume. Adern, die sich wie Würmer in der Projektion auf der frontalen Tür unter- und übereinander winden. Würmer, die uns ihre energiegierigen Steckdosen-Mäuler auf der Suche nach "Saft" entgegenrecken.

Elektrisierend auch alles, was hier zu sehen und vor allem zu hören ist. O.K-Kurator Roland Schöny hat dafür Arbeiten der beiden in Frankfurt ansässigen Gruppen "Meso" (der übrigens auch der Linzer "Joreg" angehört) und "Involving-Systems" ausgesucht. Die thematische Klammer, unter der sich neun große sowie 35 kleinere Arbeiten und Filme bündeln: die Frage nach den Produktionsbedingungen von Klängen zwischen der DJ-Kultur der 90er-Jahre, neuer Elektronik und dem Mainstream der Pop-Sender.

Transportiert wird dieses Anliegen über höchst unterschiedlich gestaltete Geräte und interaktive Installationen. Über optische Verfremdung und spielerischen Umgang werden die Besucher in aktuelle digitale Kompositionsvorgänge geleitet. Ein Magnet: der "heavy rotation revisor": In einen großen Holztisch ist ein Kreis integriert, über den ein Radarstrahl kreist. Per Mausklick können aus Radiosendern Klangsequenzen herausgeholt und auf den Tisch gezogen werden. Aktiviert wird die Ton-Mixtur über den Radarstrahl.

Interaktive Animation

Wie immer bei Präsentationen dieser Art - am häufigsten werden jene frequentiert, bei denen das spielerische Moment dominiert. Bei denen sich etwas bewegt, bei denen sich etwas bewegen lässt. So etwa "Cuebickl", bei denen zwei Spieler Klangsamples "fangen", auf einem Würfel platzieren und somit ihren eigenen Soundtrack zum Spiel komponieren können. Klangbastler kommen auf ihre Rechnung. Auch bei der Plattenspielerinstallation "Involving System 2.7" oder bei der interaktiven "Coverbox".

Ob sich aufgrund des Gezeigten tatsächlich jemand mit der theoretischen Basis auseinander setzt, ist fraglich. Aber es gibt viel zu sehen, viel zu tun im Land der Radio-Schnipsel und Kabelwürmer. Allein das ist schon mehr als einen Besuch wert.


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