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07.10.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstmarkt: Feuerlöscher und Sonnenuntergänge
VON ALMUTH SPIEGLER
Die zehnte "Kunst Wien" positioniert sich im gediegenen Mittelfeld, mit Ausreißern in alle Höhen und Tiefen.

Das Jubiläum zum zehnjährigen Bestehen hat man sich wohl anders vorgestellt bei der "Kunst Wien", der Messe für zeitgenössische Kunst im Museum für angewandte Kunst. Weder die Säulenhalle des MAK konnte, wie erhofft, zusätzlich bespielt werden, noch nehmen heuer die international präsenten österreichischen Galerien teil, die jahrelang auch den Messe-Beirat stellten. Es gab Enttäuschungen, Auffassungsunterschiede (die "Presse" berichtete) - und einen Exodus der Hälfte der sonst auf der "Kunst Wien" vertretenen Teilnehmer, die wohl zu der im Frühjahr 2005 geplanten neuen Konkurrenz-Messe, der "viennAfair" im Messezentrum, abwandern werden. Ein schmerzhaft spürbarer Verlust für die "Kunst Wien", fehlen doch wichtige österreichische Positionen wie Franz West, Elke Krystufek, Gelatin, Herbert Brandl, Siegfried Anzinger.

Erstmals wurden heuer aber auch ausländische Galeristen eingeladen: Von 43 sind neun aus Deutschland, zwei aus Italien, je einer aus Warschau und Bratislava. Prinzipiell eine Bereicherung, die sich nur etwas zu unaufdringlich in das von solider Malerei geprägte Angebot der heimischen Galerien einfügt - im Gedächtnis bleiben vor allem geschmäcklerische Tiefpunkte wie Sonnenuntergänge, fotorealistische Akte, zuckersüße Gretel-Porträts. Keine große Konkurrenz wollte man sich hier züchten, könnte boshaft vermutet werden.

Mit der Fischerplatz-Galerie aus Ulm ist immerhin ein gut sortierter Niki-de-Saint-Phalle-Händler nach Wien gereist, der ein frühes "Schieß-Bild" (10.800 €) und einen Clarice-Sessel (59.800 €) mitgenommen hat. Ansonsten ist das Preisniveau eher niedrig, betont Veranstalter Kurt Jirasko ("Präsenta") - und will damit wohl vor allem Einsteiger ansprechen. Diese können im MAK auch sehr wohl Entdeckungen machen wie die schwarzweißen Bilder von Tom Fleischhauer bei der jungen Wiener Galerie Frey, die auch einige Attersee-Schüler im Programm hat, oder bei Brunnhofer, wo die Schmalix-Schüler Aurelia Gratzer und Christoph Schirmer zu finden sind. Daneben ist wie üblich die etablierte österreichische Garde von Nitsch, Frohner, Rainer, Messensee, Staudacher, Kogelnik bis Zens vertreten.

Die Galerie Hummel bietet neu am Friedrichshof entdeckte Fotos von Brus-Aktionen an, vier Mappen mit je 12 Fotos um je 3500 € (Auflage 35 Stück). Bei Judith Walker findet man starke Frauen wie Meina Schellander, Doris Krüger und Leuchtobjekte von Barbara Putz-Plecko. Objektkunst ist aber die Ausnahme und Video scheint heuer völlig von der "Kunst Wien" verschwunden zu sein. Dafür wurde mit "Westlicht", Fotogalerie Wien, Agentur Anzenberger ein Schwerpunkt auf zeitgenössische Fotografie gesetzt, die sich im Erdgeschoß in das leicht verwirrende Kojen-System drängt.

Etwas verloren im bunt gemischten Angebot wirkt Viktor Bucher mit seinem Avantgarde-Programm - er zeigt Sektkorken-Draht-Hocker von Matthias Hammer, einen Feuerlöscher samt Schatten von Markus Wilfling (2500 €), neue Fotos von Edgar Honetschläger. "Der Boykott der Messe scheint an mir vorübergegangen zu sein", seufzt er. So schlimm ist es nun auch wieder nicht.

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