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Bildhauer Bruno Gironcoli 73-jährig gestorben

20.02.2010 | 15:58 |  (DiePresse.com)

Der österreichische Bildhauer war für sein komplexes, irritierendes Werk bekannt. Er leitete bis 2004 die Meisterschule für Bildhauerei der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Der österreichische Bildhauer Bruno Gironcoli ist gestern, Freitag, Abend nach langer, schwerer Krankheit in der Wiener Rudolfstiftung gestorben. Das bestätigte seine Witwe Christine Gironcoli. Gironcoli galt als großer Einzelgänger der österreichischen Kunstszene und schuf ein komplexes, irritierendes bildhauerisches Werk mit unverwechselbaren symbolhaften Formen.

Bis 2004 leitete er die Meisterschule für Bildhauerei der Akademie der bildenden Künste in Wien, der er seit 1977 als Nachfolger von Fritz Wotruba vorstand. 1993 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis, 2003 nahm er an der Biennale in Venedig teil. Gironcoli, am 27. September 1936 in Villach geboren, soll in Wien beigesetzt werden.

Neuinterpretation des Skulptur-Begriffes

Bruno Gironcoli, der nach einer Goldschmiedelehre an der Akademie für angewandte Kunst in Wien studierte, schuf sich mit überdimensionalen Skulpturen eine einzigartige Position in der österreichischen Kunstgeschichte der Nachkriegszeit und beeinflusste mit seiner radikalen Neuinterpretation des Skulptur-Begriffes eine Vielzahl von Künstlern.

Nach Material- und Formexperimenten, bei denen auch Gegenstände des täglichen Lebens integriert wurden, konzentrierte er sich auf assemblageartigen Skulpturen mit einem barocken Symbolismus. Auf den ersten Blick erinnern die mit glänzenden Metallfarben bemalten Objekte an maschinenartige Altäre, an Raumschiffe aus einer fernen Zeit oder an fantasievolle Streitwägen, die von menschlichen Leidenschaften erzählen.

Immer wiederkehrende Themen in Gironcolis Skulpturen: das Weibliche, die Mutter, Geburt, Sex, der Mann, Religion, die Suche nach Glück, das Scheitern und der Tod. Die Skulpturen lassen oft an organische Maschinen denken.

Mit Gironcolis Emeritierung musste auch dringend ein neuer Unterbringungsort für seine überdimensionalen Skulpturen gefunden werden. Auf dem Areal von Schloss Herberstein in der Steiermark entstand schließlich ein Gironcoli-Museum. Auch im Wiener Strabag Haus wurde große Polyesterplastiken Gironcolis aufgestellt.

Große Einzelausstellungen rar

Große Einzelausstellungen waren angesichts der Größe der Objekte aus logistischen Gründen rar. Die Anlieferung von 16 Skulpturen nur innerhalb Wiens für die Ausstellung "Die Ungeborenen" 1997 im Museum für angewandte Kunst (MAK) konnte nur über 14 Nächte hinweg in Spezialtransportern erfolgen.

Zur wichtigsten internationalen Präsentation seiner Arbeiten wurde 2003 die ihm gewidmete Personale im Österreich-Pavillon der 50. Biennale Venedig. Im Vorjahr hatte die Wiener Galerie Chobot in einer Ausstellung von Zeichnungen und Siebdrucken auf einen weniger bekannten Aspekt im Schaffen Gironcolis hingewiesen.

Gironcoli wurde u.a. mit dem Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst und dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet.


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