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»Niemals! Das ist ein Trauma, ein Fall von
traumatisierter Person, und das hat nichts mit Kunst zu tun! Das
interessiert uns nicht!« Das haben die KuratorInnen einer
internationalen Gegenwartskunstausstellung gerufen, nachdem sie bei
der Suche nach KünstlerInnen für ihre Ausstellung die Dokumentation
einer Künstlerin aus Sarajewo gesehen hatten.
Obwohl unsere
Position der des Ausrufs »Kein Trauma bitte, wir sind
KünstlerInnen!« diametral entgegengesetzt ist,[1] sind wir hier
nicht so sehr an diesem Einzelfall interessiert als an der Tatsache,
dass genau dieser Glaube an die fundamentale Inkompatibilität von
Trauma und Kunst immer noch anhält, wo Traumata heute
allgegenwärtiger sind als je zuvor: von den intimsten Oprah-mäßigen
Bekenntnissen zur Hauptsendezeit im Fernsehen bis zu den radikalen
Selbstverstümmelungen in der Körperkunst. Im Folgenden werde ich
anhand zweier Beispiele von Kunst aus Sarajewo – von Alma Suljevi*
und Jasmila *bani* – den Schlüssel zum Verständnis unserer kleinen
Anekdote zu liefern versuchen. Seit 1997 hat Alma Suljevi* ein
Kunstprojekt mit dem Titel »4 Entity« entwickelt, das von der
traumatischen Tatsache ausgeht, dass ganz Bosnien-Herzegowina (BiH)
von einem Teppich aus Landminen überzogen ist. In der Landmine
erkennt Suljevi* ein tödliches Relikt aus der Kriegszeit, das sogar
heute noch, in Friedenszeiten, Menschen das Leben kostet
(hauptsächlich Kindern, die sich im unachtsamen Spiel oft in
Minenfelder verlaufen, wo sie getötet oder schwer verletzt werden).
»4 Entity« ist also das Ergebnis eines »geopolitischen Kunstgriffs«
von Suljevi*: Indem sie alle Minenfelder miteinander verbindet,
schafft sie ein neues Territorium und proklamiert eine neue
territoriale Einheit, die sie sardonisch als »4 Entity« – die vierte
Entität – bezeichnet. Und genau durch diese Bezeichnung werden wir
plötzlich vom Thema der Landminen in eine ganz andere Richtung
gelenkt. Der Name der Arbeit geht von Suljevi*s Reaktion auf die
Tatsache aus, dass Bosnien-Herzegowina heute einerseits de jure eine
politische Schimäre ohne weltgeschichtlichen Vorläufer ist, nämlich
ein Staat, der aus drei Einheiten besteht, von denen eine eine
Föderation von Verwaltungsbezirken ist (die bosnisch-herzegowinische
Föderation), eine zweite eine Republik mit einer ausgrenzenden
ethnischen Markierung (Republika Srpska) und eine dritte ein
Stadtbezirk (der Bezirk Brcko). Andererseits zerfällt
Bosnien-Herzegowina de facto in drei ethnisch homogene Regionen. Die
Republika Srpska ist nichts anderes als das Resultat und die
Realisierung einer Strategie der politischen Führung der bosnischen
SerbInnen, nämlich der ethnischen Trennung, herbeigeführt durch eine
Reihe von Verbrechen, Massenexekutionen, Vergewaltigungen und
Vertreibungen. Die Föderation selbst ist durch einen tiefen Riss
zwischen den Regionen ausgezeichnet, in denen BosnierInnen
beziehungsweise KroatInnen dominieren und die nationalistische
politische Führung der letzteren ein »kroatisches Territorium«
fordert, das praktisch schon in mehrfacher Hinsicht besteht, nämlich
durch getrennte Militär-, Polizei-, Erziehungs-, Finanzsysteme usw.
Daher könnte ein mögliches, aber sicherlich seichtes Verständnis
von Suljevi*s Arbeit in die Richtung folgenden Kommentars gehen:
»Wir haben drei politische Einheiten, die das absurde Resultat einer
grotesken geopolitischen Operation sind, und indem Suljevi* diesen
noch eine vierte hinzufügt, demonstriert sie, dass wir Einheiten
noch und nöcher erfinden und übereinander stapeln können und doch
jede neue nur die Absurdität des ganzen Prozesses, ja des ganzen
Systems, unterstreichen würde.« In diesem Kommentar liegt aber ein
Fehler, der mit dem schlauen Sprichwort illustriert werden kann,
dass der, der alles errät, alles andere verfehlt. »Alles«, das er
erraten hat, ist natürlich die Sinnlosigkeit, Absurdität,
»Irrationalität« der gegenwärtigen Teilung von BiH, seiner
innerstaatlichen Grenzen,[2] aber wir sollten doch auch unser
Augenmerk auf »alles andere« legen, den Mehrwert, den das Sprichwort
erwähnt, denn in diesem Gebiet werden wir die eigentlichen Ziele
Alma Suljevi*s kreuzen. Mit kleinen Abweichungen war diese
absurde, »in ihrer Radikalität zufällige« innerstaatliche Grenze bis
vor kurzem nichts anderes als ein Frontverlauf. Diese immer noch
offene Kriegswunde, eben das Gebiet des ehemaligen Frontverlaufs,
ist keineswegs durch Zufall das Gebiet, auf dem während des Kriegs
die meisten Minenfelder gelegt wurden. Wenn wir uns heute die Karte
der Minenfelder in Bosnien anschauen, sehen wir eine zum Bersten
aufgedunsene Front, nämlich die Gebiete um die innerstaatlichen
Grenzen. Das Grenzgebiet zwischen den rechtlichen Einheiten wird
also selbst zu einer geografischen Einheit: zu einem Gebiet, das
trotz des Fehlens von klaren Grenzen und des Fehlens von Gesetzen
und trotz seiner Virtualität viel substanzieller ist als die
gesetzlichen Einheiten, die es voneinander trennt. Und genau diesen
Wechsel vom Thema Landminen zum Thema der Grenzziehung und der
Landesflächen sollte man hier beachten. Die existierende
innerstaatliche Grenze – und nicht die Landminen – ist für die
Menschen Bosniens das gefährlichste Relikt des Krieges. Schließlich
war diese Grenze die Ursache für die Landminen und nicht umgekehrt.
Jasmila *bani* ist ebenfalls eine Künstlerin aus Sarajewo, die
uns mit dem Dokumentarvideo »Red Rubber Boots« ein weiteres
großartiges Beispiel dieser Strategie liefert. Während sich Alma
Suljevi* auf der manifesten Ebene mit Minen beschäftigt, behandelt
Jasmila ein anders Beispiel eines traumatischen Objekts – man könnte
sogar sagen: des traumatischen Objekts par excellence – die Leiche
oder genauer: die Leichen jener Personen, die ermordet und in
Massengräber geworfen wurden. Anstatt sich aber auf Leichen und
Überbleibsel getöteter Menschen selbst zu konzentrieren, stellt
*bani* eine Frau auf der endlosen Suche nach den Überresten ihrer
von den Serben getöteten und in Massengräbern begrabenen Kinder in
den Mittelpunkt. Hinter dieser manifesten Oberfläche, die das
Ausgraben von Knochen zeigt, ist das eigentliche Objekt von *bani*s
Arbeit jedoch genau der Mangel, die Leere, die durch das Fehlen der
Kinder entstanden ist und die am besten durch die Traumerinnerungen
der Frau beschrieben werden kann: »Ich sehe sie nur selten in meinen
Träumen … Ich würde meine Kinder gerne sehen, mit ihnen sprechen,
aber sie kommen in meinen Träumen nicht vor. Viele Mütter träumen,
dass sie mit ihren Kindern sprechen. Sie fühlen sich gut in diesen
Träumen, aber meine Träume sind furchtbar, weil ich meine Kinder
dauernd suche, aber sie nicht finden kann.« In dieser Hinsicht ist
nicht unbedingt die Leiche nötig, um die Leere zu füllen; es genügen
die roten Gummistiefel, die ihr Sohn getragen hatte, als er
verschleppt wurde.[3] Wenn sich hinter der Welt der Leichen und
Gruben das Objekt »Leere« verbirgt, dann verbirgt sich hinter der
Landmine nichts anderes als ein noch traumatischeres Objekt, nämlich
das Land selbst. Deswegen verkauft Alma Suljevi* als Teil ihres
Projekts nicht die Minen, sondern eben dieses Land – kleine Dosen,
gefüllt mit Erde, die die Künstlerin von Minenfeldern holt, die sie
vorher selbst von Minen gesäubert hat. Man kann Alma Suljevi* nur
zustimmen, dass es immer eine Art von Trauma gibt. Dabei ist es
wichtig, Suljevi*s Arbeit so zu sehen, wie es Lacan in seinem
berühmten Witz über die beiden Juden im Zug beschrieben hat, und zu
fragen: »Warum verkaufst Du uns das Land, wenn Du uns wirklich das
Land verkaufst?« Oder mit anderen Worten: Warum machst du ein
Spektakel aus dem Land(verkauf), so dass ich beginne, über Landminen
nachzudenken, während es doch in Wirklichkeit um das Land selbst
geht! Es ist nicht die Mine, die das Land traumatisch macht: Das
Land ist immer schon an sich selbst traumatisch![4 ]Wenn Sie also
Alma Suljevi*s Erde kaufen, erwerben sie nicht nur ein Souvenir des
Traumas (Landminen), sondern genau das Material, aus dem Traumata
gemacht werden, das pochende Herz des Traumas. Im Licht dieses
Wechsels von EINEM Trauma zu DEM Trauma sollte man den paradoxen
Ausruf am Beginn dieses Texts betrachten. Denn im Licht dieses
Wechsels und dieses Unterschieds löst sich ein offensichtlicher
Widerspruch auf: Was die heutige Gesellschaft mit Spektakeln
übersättigt, sind Millionen von Traumata, während diese KuratorInnen
nur die Anwesenheit des EINEN Traumas spürten. Und wir sollten auch
nicht vergessen, dass es heute erlaubt ist, seine Traumata
auszuleben, über sie breitest zu sprechen und ein Spektakel aus
ihnen zu machen – nur damit man das Trauma nicht anrührt, von ihm
wegbleibt. Um den Unterschied zwischen EINEM Trauma und DEM
Trauma zu erklären, können wir auf den Lacanschen Begriff des
»Symptoms« zurückgreifen. Anstelle der gewöhnlichen Lesart von
Hitchcocks »Vertigo« etwa, die den Film als Beispiel für den Abbau
des Symptoms sieht (indem Scottie Madeleine neu erschafft, wird er
sein Symptom, die Höhenangst, los und schafft es in der letzten
Szene bis zur Turmspitze des Klosters), möchte ich eine andere These
wagen: Scottie ist ein Mörder, der sich das selbst nicht eingestehen
will, sondern stattdessen eine Geschichte über eine von den Geistern
der Vergangenheit geplagte Frau halluziniert, die ihn bittet, ihr zu
folgen, usw. In diesem Fall wäre seine Höhenangst ein
symptomatischer Schutz, der ihm versichert, Madeleine nicht getötet
zu haben: »Ich kann sie nicht umgebracht haben, weil ich Höhenangst
habe und es niemals zur Turmspitze geschafft haben kann, um sie
hinunter zu stoßen.« Die Höhenangst muss also als Lacansche
Beschreibung des Symptoms gelesen werden: als Element, das ein
Ärgernis bedingt (»Ich bin eine normale Person, nur mit
Höhenangst«), während dessen Abwesenheit ein noch größeres Ärgernis
bedingt, nämlich die totale Katastrophe (»Ich bin vollkommen
verrückt!«). Diese apokalyptische, gleichermaßen zerstörende wie
erhellende Einsicht »hinter« das Symptom (»Ich bin keine normale
Person mit Höhenangst, sondern ein Serienmörder!«) ist der Grund,
warum Scottie am Ende von »Vertigo« so zerstört aussieht. Im
Zusammenhang mit dem Symptom als Schutz liegen Traumata also im
Symbolischen, während DAS Trauma ins Reale eingebettet ist. Ein
aller Kunst innewohnendes Merkmal ist ein spezifisches blindes
Stochern, Fingern oder sogar blindes Suchen nach den Knoten DES
Traumas, also des Realen, durch einen täuschenden Schleier
verschiedener Traumata. Diese Suche ist nicht blind im Sinne von
sich immer weiter verzweigenden Weggabelungen, sondern eher im Sinne
eines Kletterns auf eine Felswand oder – um die Hitchcock-Liebhaber
noch einmal zu erfreuen – auf Mount Rushmore. Die FilmheldInnen
klettern die Felsen hinauf und hinunter, indem sie alle nur
erreichbaren Spalten oder Vorsprünge benutzen, aber wenn sie nicht
wüssten, dass sie am Mount Rushmore wären, könnten sie nicht
erkennen, dass sie tatsächlich über kolossale Gesichter kletterten.
Ein anderes cineastisches Beispiel wäre David Lynchs Einsatz von
extremen Großaufnahmen, in denen das gefilmte Objekt für die
BetrachterInnen unerkennbar wird. Oder nehmen wir ein Beispiel aus
der bildenden Kunst: die Installation »Close« von Atom Egoyan und
Julião Sarmento auf der diesjährigen Biennale von Venedig.[6] Dort
findet sich der Voyeur in einem engen Korridor, auf dessen eine Wand
ein Videobild projiziert wird, das er weder in seiner gesamten Größe
sehen noch seinem Inhalt nach erfassen kann. Die Distanz zwischen
den BetrachterInnen und dem Bild ist einfach zu klein. Je kleiner
die Distanz zwischen dem Voyeur und dem Bild ist, desto größer ist
paradoxerweise der Abstand zwischen ihnen, was die Tatsache
unterstreicht, dass Distanz wie in Zenos Paradox praktisch nicht ad
infinitum verkleinerbar ist.[7] Anstatt hier irgendeine neue
Strategie zu entwerfen, möchte ich nur bitten nicht zu vergessen,
dass es nicht der Abstand der KünstlerInnen zu ihrer Umwelt ist, zu
den Objekten oder zur Geschichte, die sie umgibt, der die
künstlerische Aktivität erzeugt. Es ist ganz im Gegenteil dieses
»Nahe«, dieser Riss oder die Distanz, die das Künstler-Subjekt zu
sich selbst hat, die die Existenz von Kunst erst ermöglicht. Und es
ist diese Distanz, die genau äquivalent ist zu jener, die das
Subjekt im Versuch, das Reale zu erreichen, immer wieder zu
überwinden, herauszufordern und zu erfassen trachten muss. Das ist
der Grund, warum dieses fundamentale Merkmal der Kunst die Bedingung
für alle künstlerischen Strategien bleiben wird. Und genau aus
demselben Grund wird in Zukunft Kunst ausschließlich von
KünstlerInnen geschaffen werden, die bezweifeln, dass sie wirklich
KünstlerInnen sind. Und sicher nicht von KuratorInnen, die – im
Gegensatz dazu – vollkommen überzeugt sind, dass sie KuratorInnen
sind. Und das kann ein wirklich gutes Stück Trauma für sie sein.
Eine gekürzte englische Version dieses Textes finden Sie
auch im Reader "The Real-the Desperate-the Absolute" , der zur
gleichnamigen Ausstellung und Symposium 2001 in Slovenien erschienen
ist. Herausgeberin ist Marina Grzinic.
Siehe auch das
gleichnamige Symposium am 05.10.2001 im Forum Stadtpark in Graz.
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Übersetzung: Thomas Raab
1 Kann das Verhältnis von Trauma zu Kunst mit Freuds
Devise »Wo es war, soll ich werden« erfasst werden? Für unser
Problem umformuliert hieße es dann: Wird dort, wo das Trauma war
(sowohl als uns aufrüttelnder realer kontingenter Inhalt als auch
als davon getrennter Versuch, es zu fassen), Kunst werden (als
Artikulierung unseres Verhältnisses zum realen kontingenten
Ereignis)? Oder wir können – um jene zu verstören, denen das
Lacansche Erbe verhasst ist – Zizeks Idee vom Verhältnis zwischen
Kunst und Urfantasie paraphrasieren, nämlich dass ein Kunstwerk
immer ein Minimum an »durchlebtem« Trauma enthält; dass eben die
Übertragung des Traumas in eine Kunstform bereits eine Distanz zum
traumatischen Inhalt impliziert. 2 Es ist allgemein bekannt,
unter welch lächerlichen Umständen die innerstaatlichen Grenzen in
Bosnien bestimmt wurden: Die Protagonisten des Friedensabkommens von
Dayton berichten zum Beispiel, dass Miloƒevi* die Grenze auf der
3D-Simulation einer topografischen Landkarte gezogen hat – den
Joystick in der einen und ein Glas Whisky in der anderen Hand. 3
Schon in ihrem ersten Video »After, after«, einer Dokumentation über
ein vom Krieg traumatisiertes siebenjähriges Mädchen, hat *bani* das
Problem der Leere oder des Mangels als zentrales Motiv
vorweggenommen. Auf die Frage, was sie denn gerne hätte, gibt das
Mädchen eine für ein Kind unmögliche Antwort: »Nichts.« Wir müssen
diese Antwort natürlich wörtlich nehmen, und zwar nicht in dem Sinn,
dass es keine Dinge gäbe, die die Wünsche eines kleinen Mädchens
erfüllen könnten, sondern im Sinn, dass genau dieses Nichts sie
erfüllt. Die roten Gummistiefel im zweiten Video sind nichts als
eine bizarre Verdinglichung dieses »Nichts«. 4 Ein ähnliches
Argument liest man bei David Cronenberg bezüglich seines Films
»Crash«: »Einige potenzielle Distributionsfirmen sagten, ?Sie
sollten die Charaktere am Anfang des Films normaler machen, damit
wir sehen können, wo und ab wann sie die falsche Richtung
einschlagen.? Mit anderen Worten, es wäre ein Film wie ?Eine
verhängnisvolle Affäre? geworden. Ein glückliches Paar, vielleicht
ein Hund und ein Hase, vielleicht ein Kind. Und dann lernen sie
durch einen Autounfall diese furchtbaren Leute kennen und schlagen
die falsche Richtung ein. Ich sagte, ?Das stimmt so nicht, weil eben
schon von Anfang an mit ihnen etwas falsch läuft.?« Vgl.
Cronenberg on Cronenberg, hg. v. Chris Rodley. London/ Boston
1997, S. 194. 5 Um zu dem Kritiker zurückzukehren, der auf den
schimärenhafte Charakter des heutigen bosnischen Staates aufgrund
der Absurdität seiner inneren Grenzen hingewiesen hat, könnte man
sagen: Ja, sie sind absurd, aber nicht nur wegen der Mischung aus
Genozid und Whisky-besoffenen Virtual-Reality-Spielen, die sie
begründet haben, sondern wegen ihrer inhärenten Absurdität. Der
Staat Bosnien-Herzegowina, mit seinem Ziegenkopf und Ziegenkörper,
seinen Hühnerbeinen und seinem Schlangenschwanz, ist keine Ausnahme
von den »normal« entstandenen Staaten, die den Rest der Welt
ausmachen, sondern das ultimative Beispiel, das uns klar macht, das
alle Grenzen oder Staaten letztendlich unecht, das heißt, zufällig
und in sich selbst absurd sind. 6 Vgl. Michael Tarantinos Text
über »Close« im ersten Band der englischen Ausgabe des offiziellen
Katalogs der 49. Esposizione Internazionale d'Arte, La Biennale di
Venezia, hg. v. Harald Szeemann, Cecilia Liveriero und Lara Facco,
S. 126. 7 »Close« liefert daher die ultimative Lektion über das
(Lacansche) Subjekt: Diese minimale Distanz, diese nahe, aber
niemals gleiche Situation »streicht das Subjekt durch« und
distanziert es von sich selbst.
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