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Kunstprojekt: Der Muse reicht's auf der Hauptuni

19.10.2009 | 18:55 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Iris Andraschek hat für die vergessenen Verdienste von Frauen einen Schatten in den Arkadenhof der Hauptuniversität geworfen.

Steinerne Blicke, wohin man sich wendet im Arkadenhof der Wiener Hauptuni – Josef Unger, Zivilrechtsprofessor, Karl Ritter von Czyhlarz, Professor für römisches Recht, und erst Robert Ultmann, Professor für Chirurgie. Lauter Argusaugen, gerade einmal Sir Karl Popper und dem Archäologen Otto Benndorf kommt ein Lächeln aus. Kein Wunder, stoßen hier, inmitten der rund 150 Statuen und Büsten grummeliger bärtiger Männer, mittlerweile vor allem Frauen auf ihre akademischen Titel an – 65 Prozent der Absolventen der Universität Wien sind weiblich. Dem gegenüber ein immer noch mickriger Professorinnenanteil von 17 Prozent steht.

Bis zuletzt, als Anfang des Jahrtausends die jüngste, Popper gewidmete Büste aufgestellt wurde, lag die marmorne Erinnerungspolitik der Wiener Uni fest in Männerhand – nur eine schlichte Erinnerungstafel erinnert an Marie von Ebner-Eschenbach. Und in der Mitte des Hofs wurde gerade noch ein weibliches Wesen der Mythologie geduldet, die Nymphe Kastalia, die stocksteif ihre gleichnamige, der Legende nach inspirierende Quelle „besitzt“.

 

Ein wütender Schatten quert den Hof

Seit gestern, Montag, aber ist es offiziell: „Der Muse reicht's“, heißt die frisch eingeweihte Installation von Iris Andraschek. Sie hat der Nympen-„Muse“ in dunklem Stein einen wütenden Schatten gelegt, der sich mächtig und drohend, wie in einem Horrorfilm, quer über den Hof zieht. Es ist eine weibliche Silhouette, die kämpferisch eine Faust in die Höhe reckt. „Erinnerung an die nicht stattgefundenen Ehrungen von Wissenschaftlerinnen und an das Versäumnis, deren Leistung an der Universität zu würdigen“, steht als Erklärung dazu auf einem Sockel.

Im April dieses Jahres konnte sich die 1963 in Niederösterreich geborene Künstlerin mit dieser Arbeit bei einem Wettbewerb der Bundesimmobiliengesellschaft durchsetzen. Sie schuf damit ein starkes, gar nicht schattig-ephemeres Symbol für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Aber auch dafür, dass Frauen sich von ihrer Musenrolle emanzipieren müssen. Dass deshalb im Arkadenhof in Zukunft auch Denkmäler von Professorinnen aufgestellt werden, von diesem verlockenden Gedanken werden sich einige bereits erwartungsvolle Anwärterinnen allerdings wieder verabschieden müssen – die Büstenpolitik gilt als überholt. Es werde gerade an einer zeitgemäßeren und jedenfalls gerechteren Form der Ehrung gearbeitet, erklärt Cornelia Blum von der Uni-Wien-Pressestelle.


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