Artikel aus profil Nr. 12/2003
„Nur etwas mies machen“

Ministerin Elisabeth Gehrer über den Ausbau der Albertina, zentralistisches Denken und die Wiener Museumslandschaft.
profil: Frau Minister, Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder fordert eine Erhöhung seiner Basisabgeltung um 2,1 Millionen Euro jährlich. Darf er hoffen?
Gehrer: Die aktuelle Basisabgeltung von 5,3 Millionen Euro pro Jahr wurde zu einem Zeitpunkt festgelegt, als die Albertina noch geschlossen war. Man muss also über eine vernünftige Basis reden und die Notwendigkeit prüfen. Der Steuerzahler muss für ein so zentrales Kulturangebot einen Beitrag leisten. Auf der anderen Seite ist Direktor Schröder sehr agil beim Sponsoring, was ein wichtiger Aspekt der Ausgliederung der Bundesmuseen war.

profil: Warum finanziert der Bund einen Museumsumbau mit 80 Millionen Euro, ohne von Beginn an zu klären, wie die höheren Betriebskosten gedeckt werden können?
Gehrer: Es gibt heute mehr Ausstellungsfläche, als ursprünglich geplant war, und darüber muss man nun sprechen. Ich finde es gescheiter, progressiv zu sein, als zu sagen: So haben wir es geplant, und so bauen wir es.

profil: Schröder hat die Horrorvision von unbezahlten Personalkosten und nicht durchführbaren Ausstellungen in den Raum gestellt.
Gehrer: Ausstellungen werden dann möglich sein, wenn sie zu finanzieren sind. Dafür darf jedes Maß an Fantasie eingesetzt werden, die jemand hat.

profil: Der neue Tiefenspeicher der Albertina schlug mit 18 Millionen Euro zu Buche. Warum konnte nicht verhindert werden, dass der fertige Bau nun bis 2009 leer steht?
Gehrer: Weil das Geld nicht da ist. So einfach ist die Welt. Derzeit lagert die Sammlung der Albertina im Tiefenspeicher der Nationalbibliothek, wo sie noch auf einige Jahre hinaus Platz hat. Warum sollte ich jetzt Gelder verbrauchen, die ich nicht habe, für etwas, das ich erst im Jahr 2009 brauche?

profil: Schröder bezeichnet den Tiefenspeicher der Nationalbibliothek als „denkbar ungeeignet“. Sie hingegen gaben 2001 im Parlament an, dass die Sammlung dort „optimal“ untergebracht sei. Wer hat Recht?
Gehrer: Die zuständigen Beamten haben mir damals versichert, dass die Sammlung dort gut untergebracht sei. Wenn Direktor Schröder etwas anderes behauptet, muss er das nachweisen. Wenn man dort sehr wertvolle Bücher lagern kann, wird der Speicher für wertvolle Grafiken nicht gerade total ungeeignet sein.

profil: Für den Museums-Shop und das Café in der Albertina standen acht Millionen Euro zur Verfügung. Für die Einrichtung des wichtigen Tiefenspeichers fehlt das Geld?
Gehrer: Solche Fragen zielen nur darauf ab, etwas mies zu machen. Es gibt Dinge, die gleich erledigt werden müssen, damit der Betrieb ordentlich laufen kann. Man braucht einen Shop und ein anständiges Restaurant, in dem die Besucher sich niedersetzen können. Und wir haben ja den Tiefenspeicher der Nationalbibliothek als Alternative.

profil: Die Bundeskosten stiegen seit Baubeginn um mehrere Millionen Euro auf vorläufig 80 Millionen Euro. Wie kam die Kostensteigerung zustande?
Gehrer: Indem man zusätzliche Ausbauten vornahm. Diese Zahlenspielereien dienen nur dazu, etwas in ein schiefes Licht zu bringen. Es wurde schon im Jahr 1994 geschätzt, dass die Sanierung der Albertina 1,2 Milliarden Schilling kosten wird.

profil: Schröder programmiert unter anderem Werke der klassischen Moderne. Ist es sinnvoll, dass die Albertina damit auf dem gleichen Territorium wie andere Wiener Museen agiert?
Gehrer: Man versucht nun schon seit Jahren, künstlich Überschneidungen zu behaupten, die meiner Meinung nach nicht bestehen. Die einen sammeln österreichische Kunst, die anderen moderne, die einen hauptsächlich Malerei, die anderen hauptsächlich Grafik. Es ist eigenartig in Österreich. Alle sehnen sich danach, dass eine Ministerin kommt und sagt: „Sie dürfen dies machen und Sie jenes, und es darf keine Überschreitungen geben.“ Das halte ich für ein altes zentralistisches Denken. Aber scheinbar wollen das die Journalisten und die Opposition. Deshalb gebe ich nun eine Studie in Auftrag, die aufzeigt, welche Schwerpunkte die einzelnen Museen haben und welche Beziehungen unter den Häusern bestehen.

profil: Sie sehen keinen Handlungsbedarf?
Gehrer: Ich sehe akut keinen Handlungsbedarf, den Museen Zwangsvorschriften zu machen. Aber ich lege auch nicht fest, was bei der Studie herauskommen wird.

Interview: Peter Schneeberger

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