MAK Galerie: Arbeiten von Michael Kienzer
"Skulptur" wird neu definiert
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Mit dem Preis der Stadt Wien wurde der Pillhoferschüler Michael
Kienzer 2004 für seine anhaltenden Beiträge zum Wandel des
Skulpturbegriffs in den letzten zwei Jahrzehnten ausgezeichnet. Nun
präsentiert er in einer Ausstellung vor dem MAK, in der Säulenhalle und
in der Galerie des Museums "Neue Immobilien" bis 12. Juni.
Auch dabei geht es um viel diskutierte Eckpfeiler der früher
"Bildhauerei" genannten Kunstgattung, die längst durch die Ausweitung
von Materialien, Aufstellungen und Interventionen im öffentlichen Raum
und eine Reihe theoretischer Fragen nur noch behelfsmäßig Begriffe wie
Skulptur, Plastik oder Objektkunst bekommen hat.
In dieser wesentlichen Fragestellung des Wandels von Kunst und
Begrifflichkeit, der Funktion von Museum, aber auch von Raum, Zeit oder
Ort, hat Kienzer viele Beiträge geleistet, die ihm auch den
OttoMauer-Preis und zahlreiche Ausstellungen einbrachten.
Kontextverschiebungen, Ironie und die dreidimensionale Umsetzung von
Sprache sind weitere Interessen von starkem Gegenwartsbezug. Dass die
Materialien nicht mehr Stein oder Bronze, sondern Kunststoffe oder aber
auch Glas oder Textilien sind, teilt der Künstler mit vielen
Künstlerinnen und Künstlern, diein seinem Bereich auch tätig sind.
Dabei geht das Zeichnen mit Draht – also der Verwandlung einer Linie
vom Optischen ins Haptische – schon auf Innovatoren wie Karel Malich
zurück, die ab den 60er Jahren reduktivistisch den Skulpturbegriff
veränderten. Allerdings werden hier 1.000 Meter Draht in ein Knäuel mit
Sprengkraft verwoben; der längliche Saal der Galerie kann trotzdem
seitlich, allerdings mit bedrohlicher Wirkung und Beklemmungen,
betreten werden.
Die Ballonskulptur in der Säulenhalle, deren Aufwärtstrend durch
Gasfüllung von einem schwarzen breiten Klebeband in Schwebe (und in
Zaum) gehalten wird, ist auch in Auseinandersetzung mit genau diesem
imperialen Raum entstanden. Ob sich dabei ein Mandala ergibt oder die
Frage nach der Quadratur des Kreises gestellt wird (Elisabeth von
Samsonow im Katalog) – Klebeband und Leichtigkeit allein führen schon
den ehemaligen Skulpturbegriff ad absurdum. Eine Persiflage also, die
sich auch in den Außenraum zieht und die dort aufgestellte
Brunnenplastik: in einem Fass an der Kreuzung Stubenring ist an einer
Stange in Laternenhöhe ein alter Brunnen samt Pumphahn angebracht.
Dieser verbleibt funktionslos, unverbunden mit der gerühmten
Wasserversorgung Wiens.
Aber welche Funktion hatte das Stadtmöbel Brunnen überhaupt oder hat es
nach der barocken Inszenierung noch eine Berechtigung zum Löschen
beispielsweise? Wenn im heißen Sommer Touristen und Hunde darin
Abkühlung suchen, ist das etwas Anderes. Aber jetzt ist dieses Objekt
nur eine Anregung für Diskurse zu Kunst im öffentlichen Raum, zu
Verfremdung, aber auch zum Verschwinden des Denkmals.
Mittwoch, 27. April 2005