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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst | Museen im Umbruch 
01. März 2005
19:02 MEZ
Schritte zum Kulturbündnis
Vier Jahre bevor Linz sich als europäische Kulturhauptstadt präsentiert, zeigen sich die musealen Institutionen von Stadt wie Land kooperativ

Linz - Als Peter Baum 1973 die Leitung der damaligen neuen Galerie der Stadt Linz übernahm, hatte er gerade 400 Gemälde und Plastiken und knapp 2400 Grafiken zu verwalten. In den 30 Jahren seiner Amtszeit, die die Neue Galerie aus bescheidenen Räumen in der heutigen Kunstuniversität in größere, letztlich aber problematische Räume im Wohn- und Einkaufszentrum Lentia 2000 führte, konnte Baum den Bestand auf 1400 Malereien und Objekte, 10.000 Papierarbeiten und 500 Fotos ausbauen.

Als letzten Akt seiner Amtszeit übersiedelte er diesen Bestand in den 33 Mio. Euro teuren Lentos-Neubau am Linzer Donauufer. Nach einer letzten Ausstellung - Paris 1945 bis 1965 - übergab er sein Amt an Stella Rollig. Womit mehr als nur ein Generationswechsel vollzogen wurde. Rollig - sie hatte als Bundeskuratorin das Depot in Wien gegründet, am Offenen Kulturhaus Linz (O.K.) als Kuratorin und an der Linzer Kunstuniversität gewirkt - repräsentiert ein im Vergleich zu Baum völlig anderes Verständnis von Museum:

Sah sich Peter Baum dem Aufbau einer Sammlung durchaus subjektiven Charakters verpflichtet, die im Wesentlichen aus "oberlichttauglicher" Kunst (wofür das Lentos auch konzipiert wurde) in "klassischen Medien" bestand, vertritt Rollig einen institutionskritischen Ansatz, flicht verstärkt neue Medien ein, arbeitet mit Kuratoren, und wählt, wie eben mit Just do it! den Kunstbegriff erweiternde Themen weit jenseits einer Debatte um Ästhetik oder Nation.

Entscheidendes Kriterium der Wahl Rolligs war auch der Wunsch der Stadt Linz nach einer inhaltlichen Annäherung von Lentos, Ars Electronica und Kunstuniversität. Außerdem, betont Martin Hochleitner, Leiter der Landesgalerie am Oberösterreichischen Landesmuseen, sei nun eine übergreifende Koordination der Aktivitäten der Institutionen von Stadt (Lentos, Stadtmuseum Nordico) und Land (Oberösterreichisches Landesmuseum, O.K.) möglich.

Peter Assmann, unter Wilfried Seipel ab 1992 Leiter der Landesgalerie, seit 2000 dessen Nachfolger als Leiter der zwölf Standorte und mehrere Sammlungen an bildender Kunst, Geschichte, Technik und Naturkunde umfassenden Institution ergänzt: "Stella Rollig fährt konsequent ihr Programm. Sie ist in der Gegenwartskunst absolut kompetent, es wäre absurd, von ihr anderes zu verlangen. Es mag daher vielleicht ein paar Überschneidungen geben, aber nicht grundsätzlich: Das O.K. setzt auf Kunstproduktion, also auf Projekte, die in Linz realisiert werden, und die Landesgalerie beschäftigt sich mit der Situation in Oberösterreich generell."

"Das Selbstverständnis der Landesgalerie ist grundsätzlich wissenschaftlich und kunsthistorisch in der Bearbeitung der Gegenwartskunst und der Kunst der Moderne ausgerichtet. Kuratorische Praktiken werden in diesem Sinne kontinuierlich auf ihre kunsthistorische Relevanz überprüft - sicherlich auch ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal", definiert Hochleitner den Unterschied zwischen seiner Museumsarbeit und der von Kunsthallen.

2009 wird Linz Europäische Kulturhauptstadt. Ein Intendant ist noch nicht bestimmt. Ihm wird es wohl überlassen sein zu erproben, wie weit die neue kooperative Grundstimmung in die Praxis umzusetzen ist. Der Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz stellt jedenfalls ein "umfangreiches Kulturbündnis zwischen städtischen Institutionen und Kultureinrichtungen des Landes" in Aussicht. (Markus Mittringer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. 3. 2005)


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