Wolfgang Ullrich

Tiefer hängen

Über den Umgang mit der Kunst

Cover: Tiefer hängen

Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2003
ISBN 3803124794,
Kartoniert, 189 Seiten, 11,90 EUR

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Klappentext

Tiefer hängen ist eine Polemik gegen das erhabene Bild von Kunst und Künstlern, das über Generationen vorherrschte. Die damit verbundenen hohen Ansprüche haben weder denen, die Kunst machen, noch denen, die sich damit beschäftigen, gutgetan. In der beginnenden Abrüstung des Kunstbegriffs und in den neuen Tendenzen im Umgang mit der Kunst, die manchem als deren Ende erscheinen mögen, sieht Wolfgang Ullrich dagegen Zeichen der Hoffnung: Endlich wird die Kunst tiefer gehängt!

Rezensionen - Die Zeit vom 13.11.2003

"Der Allesfresser Kunst hat sich überfressen", konstatiert Wilhelm Trapp und begrüßt deshalb Wolfgang Ullrichs polemische Essays als "Entlastungsangebot an die Kunst von außen". Schließlich, paraphrasiert Trapp den Autor, sei die Kunst erst seit dem 18. Jahrhundert jene ambitionierte, vielgesichtige, erhabene Fürstin, die sich nicht mit dem Dekorieren zufrieden gibt, sondern den Aufstand probt und sich zur moralischen Autorität aufschwingt - damals eine Befreiung, heute eine Einschränkung, weil jede Aura irgendwann verblasse und weil dort, wo die Revolte statutmäßiges Programm ist, selbige schließlich zur Geste werden muss. Außerdem sei es an der Zeit, dass der Kunstbetrachter aus seiner demütigen Haltung befreit werde. Also: Tiefer hängen, aufrechter gehen und bitte etwas weniger moralische Emphase. Und auch, wenn der Rezensent glaubt, dass die Kunst eigentlich für sich selbst sorgen kann, unterschreibt er Ullrichs Vorschlag gerne.

Rezensionen - Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 07.10.2003

Wolfgang Ulrichs kritische Analysen des Kunstbetriebs, der kommerziellen und kulturellen Mechanismen, die unsere Wahrnehmung von Kunst bestimmen, sowie des Verfalls des Begriffs der modernen Kunst haben Rezensent Niklas Maak rundum überzeugt. Freilich kommt ihm nicht alles, was Ulrich in seinen Essays etwa gegen das Verkommen der Avantgarde zum Event oder gegen die Sprache der Kunstkritik vorbringt, wirklich neu vor. Maak erinnert in diesem Zusammenhang an Martin Warnkes "bahnbrechenden", 1970 erschienen Essay "Wissenschaft als Knechtungsakt", in dessen Tradition er Ulrich sieht. Die Qualität von Ulrichs Essays erblickt Maak vor allem in seinen "grandiosen Mikrobetrachtungen" - etwa wenn er beschreibe, was passiere, "wenn Mondrians Muster im Möbeldekor und Mode aufgehen". Dort wo Ulrich aufzeigt, wie das Geflecht von Wirtschaft und Ästhetik funktioniert, leistet er nach Ansicht Maaks echte "Pionierarbeit".

Rezensionen - Süddeutsche Zeitung vom 06.10.2003

Natürlich wird die moderne Kunst oft in ein "ästhetisches Reservat" geschoben, vor dem sich der Laie tunlichst zu verbeugen hat, meint Rezensent Holger Liebs. Und Wolfgang Ullrich finde tatsächlich "immer neue Abwandlungen dieser schnell zum Topos geronnenen Forderung". In seinen - bis auf eine Ausnahme alle schon veröffentlichten - Essays zerlege er den Kunstdiskurs geradezu "anatomisch" in seinen "Widersprüchen". Liebs zählt Ullrichs Anklagepunkte auf: Kunstjargon, bedeutungsschwangere "Überfrachtung", künstlerisch entwertende, an die Kunst gestellte Forderungen nach "Sozialkritik" und "Revolution". Doch Ullrichs Texte kranken nach Meinung des Rezensenten an "mangelnder Empirie". Und so wisse man, wenn Ullrich "Tiefer hängen!" rufe, oft nicht, von welcher Kunst die Rede ist.

Rezensionen - Neue Zürcher Zeitung vom 20.09.2003

Für den mit "upj" zeichnenden Rezensenten ist die Arbeit des Kunsthistorikers Wolfgang Ullrich auf jeden Fall ein sehr nützliches Buch - weiß der doch eine Menge Erhellendes "über die sukzessive Entleerung des Kunstbegriffs zu sagen". Die Konsumenten von Kunst sind seiner Meinung nach heutzutage fast zu Opfern geworden, und der Rezensent sieht hier Parallelen zu den kompensatorischen Verhaltensweisen von fashion victims oder zu den liebesromantischen Vorstellungen einer Madame Bovary. Opfer sind sie deshalb, weil sie sich "Erlösung aus ihrer Lebensleere mit einem überaus hoch gehängten Kunstbegriff erhofften", um damit "die letzten Reste einer aus dem Alltag vertriebenen Metaphysik einzufangen" und damit doch oft genug auf die Nase fallen. Ullrichs Kritik ist nach Meinung des Rezensenten jedenfalls nicht nur provokant, sondern dabei auch richtig substantiell.