Der bisexuelle Kapitän Schön

VON IRENE JUDMAYER

Ein Mensch räkelt sich auf einem Sofa. Die Wimpern getuscht, der Lidschatten dick aufgetragen, die Lippen stiftfett. Die Federboa ist lässig um die Schultern drapiert. Das Höschen ist knalleng, die Netzstrümpfe lassen Haut blitzen. Eine Diva präsentiert sich hier. Eine männliche Diva allerdings. Christian Ludwig Attersee.

Im Jahr 1968 sorgte der damals in Oberösterreich lebende Künstler mit diesen übermalten Foto-Editionen in der Linzer Galerie der Künstlervereinigung MAERZ für einen Skandal.

Kapitän Schön

Seine erotisch überhöhten Selbstdarstellungen riefen sofort die scharfen Hüter von Moral und Ordnung auf den Plan. Der Druck war so groß, dass die Bilder abgehängt werden mussten. Nun: Der Blick in aktuelle vatikanische und politische Aussendungen macht klar, dass Homosexualität für viele noch immer ein sehr verwirrendes Thema ist.

Trotzdem sind jetzt diese Arbeiten wieder in Linz zu sehen. Nach 37 Jahren präsentiert sich unter dem Titel "Kapitän Schön" (bis 20. Jänner) eine heute in ihrer inhaltlichen Aufmachung fast nostalgisch wirkende Ausstellung.

Nostalgisch auch in der Gegenüberstellung des jugendfrisch androgyn erotisierenden "Kapitän Schön" aus den Sechziger Jahren und des bei der Vernissage anwesenden Künstlers. Eine schmerzhaft markante Demonstration von Zeitspuren und somit unser aller Vergänglichkeit.

Info: 0732 / 71 61 70

"Kapitän Schön" in der Galeriehalle Urfahr Foto: Attersee