Kultur

Eventkultur bringt Stillstand

18.10.2007 | SN
Beim 19. Österreichischen Museumstag hält auch Edelbert Köb, Direktor des Mumok Wien, ein Referat zum Sammlungs- und Bildungsauftrag der Museen.

ERNST P. STROBL Wien (SN). Der gebürtige Vorarlberger Edelbert Köb leitet seit 2002 das Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig im Wiener Museumsquartier. Anlässlich des 19. Österreichischen Museumstages, der vom 17. bis 20. Oktober in Salzburg stattfindet, hält der 65-jährige Museumsdirektor heute, Donnerstag, in der Max-Gandolf-Bibliothek ein Referat unter dem Titel "Der Sammlungs- und Bildungsauftrag des Museums in Zeiten der Eventkultur".

Pikanterweise folgt direkt nach Köb der Wiener Albertina-Chef Klaus-Albrecht Schröder ans Referentenmikrofon, ein Mann, der vielfach mit "Event" in Verbindung gebracht wird, nicht nur weil Hollywoodstars wie Angelina Jolie und Brad Pitt oder die Gattin des US-Präsidenten George W. Bush sich von Schröder durch die Albertina führen ließen. Vor allem prunkt die Albertina mit "Blockbuster"-Ausstellungen wie dem erotisch aufgeladenen Spätwerk von Picasso, das sich rund 300.000 Besucher nicht entgehen lassen wollten.

Das ist - wie er schon in mehreren Interviews anklingen ließ - dem Direktor des Museums Modernen Kunst (Mumok), Edelbert Köb, ein Dorn im Auge. Im SN-Gespräch anlässlich seines Salzburger Referats stellte sich deshalb die Frage von selbst, was er denn gegen Events habe?

"Es kommt zum Stillstand durch die Eventkultur", sagt Köb. "Die Eventkultur überlagert alles an Defiziten, die wir in den Museen haben. Man wird ständig total überflutet mit Ausstellungen. Das Museum und sein Bildungsauftrag wird hinter der spektakulären Sonderausstellung nicht mehr wahrgenommen." Das Museum habe aber auch lauter "unbedankte Aufgaben" zu übernehmen wie das Sammeln, das Erschließen der Sammlungen, Recherchieren und Forschen. Andererseits sei der Druck der Quote allgemein vorhanden. Aber der Auftraggeber Staat sollte auch die wissenschaftlichen Aufgaben eines Museums honorieren.

Das Wichtigste istdas Sammeln Wie sieht es mit dem Sammelauftrag aus? "Dieses Missverhältnis von öffentlicher Aufmerksamkeit und Dotierung der Aufgabenstellung hat ganz unterschiedliche Folgen, je nach Museumstyp", sagt Köb. "Wenn das Kunsthistorische Museum nicht mehr sammeln würde, dann merkt das kein Mensch, es ist ein Museum, das um 1800 abgeschlossen wurde. Das sind Schätze, die wir aus der Vergangenheit ererbt haben, genauso wie die Schätze in der Albertina oder auch in der Österreichischen Galerie im Belvedere. Dass man daraus Kapital schlägt, ist rechtens, die sollen auch nicht schlafen, sondern kommunizieren", gibt sich Köb kämpferisch.

Aber dann gibt es Museen, die den Auftrag haben, die Sammlung fortzuführen von der Vergangenheit in die Gegenwart und in die Zukunft. "Das ist das Wichtigste, denn das Mumok wird in 100 Jahren sozusagen das ,Kunsthistorische‘ Museum sein. Denn das Museum ist die einzige Institution, die Bestand hat. Aber im Moment sieht es so aus, als ob wir den Anspruch eines Kulturstaates aufgegeben hätten und uns auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen." Da stelle sich die Frage: "Will man eigentlich ein Museum der Gegenwartskunst oder schließen wir ganz Österreich als Kunsthistorisches Museum insgesamt ab? Das wäre auch eine Variante", sagt Köb lachend.

Gibt es kein Ankaufsbudget im Mumok? "In diesem Jahr ist das Ankaufsbudget null", rechnet Köb vor. "Es ist so weit, dass die Fixkosten für Personal, Aufsicht, Heizung etc. gleichviel kosten wie wir vom Ministerium als Basisabgeltung bekommen. Das heißt, dass das Museum seine Sammlung und sein Veranstaltungsprogramm mit Erlösen verdienen muss. Wir müssen das gesamte operative Budget auf dreierlei Weise verdienen: mit Eintritten, Erlösen aus Events und Sponsoring sowie Shop und Restaurant."

Nun sei man aber gezwungen, Ausstellungen zu machen, und da tauche die Frage auf: Welche Ausstellungen bringen denn Einnahmen? "Deshalb machen alle dasselbe, Kokoschka, Klimt, Schiele und Picasso. Wir haben keine Konkurrenz, wenn wir Yves Klein machen. Das kostet so viel Geld wie eine Picasso-Ausstellung, bringt aber nur ein Drittel", sagt Köb.

Was würde er sofort ändern, hätte er so etwas wie eine ministerielle Macht? "Man müsste ganz klar zuweisen. Beim Sammeln gehört ganz klar gesagt, du machst das, du machst das. Wir haben nicht einmal das Geld, dass das Museum den zentralen Sammlungsauftrag erfüllt. Warum sollen also andere auch dasselbe sammeln wie wir? Wir sind quasi ein Staatskonzern, jedes Museum soll das sammeln, was ihm zugewiesen ist."

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