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21.07.2003 - Kultur News
"Jetzt heißt es, es ist zu viel los!"
Der Streit geht weiter: MQ-Hausherr Wolfgang Waldner wehrt sich gegen Vorwürfe der Mieter.
VON NORBERT MAYER UND ALMUTH SPIEGLER


Waldner: "Museumsquartier kann man nicht wie eine Wohngemeinschaft führen"

Die Presse: Das Museumsquartier scheint bisweilen wie ein Mietshaus, in dem die Parteien unzufrieden sind, weil der Hausherr auch hier wohnt.

Wolfgang Waldner: Die Kritik lässt sich auf zwei Kategorien reduzieren: Was ist mein in der Satzung verankerter Auftrag? Und wie wird er erfüllt? Ich trage die Letztverantwortung gegenüber den Eigentümern - nicht gegenüber den Untermietern. Ich sehe keine Notwendigkeit dafür, dass ich von Aufgaben befreit werden soll, wie Mumok-Direktor Köb meint, außer die Eigentümer wollen es und ändern die Satzung.

Wie erklären Sie sich, dass mit Mumok-Chef Edelbert Köb auch ein Bundesmuseums-Direktor die Front gegen sie verstärkt?

Waldner: Köb hat bei seiner Bewerbung genau gewusst, wie die Verhältnisse sind - die Quadratmeterzahl seines Museums, die Struktur der Gesellschaft, der Mietvertrag. Jetzt ist er mit allem unzufrieden. Es ist nicht meine primäre Aufgabe, dass er Besucher in seine Ausstellungen bekommt. Ich bringe in das Areal 2,4 Millionen Menschen im Jahr, die müssen von den Institutionen aus den Höfen nur abgeholt werden. Vielleicht sollte sich mancher fragen, ob er die richtigen Programme macht - und nicht ablenken und Probleme nach außen tragen.

Ein Punkt, bei dem die Gemüter heiß laufen, ist auch Ihre Werbelinie mit Swimmingpool und küssendem Paar, ohne Hinweis auf die Institutionen . . .

Waldner: Ich habe mich auf das Standortmarketing auf Ersuchen der Nutzer zurückgezogen, die damals gesagt haben: Lass' bitte unsere Inhalte in Ruhe. Jetzt sagen sie, es fehlen ihnen die Inhalte in der Werbekampagne. Wir werden das aufgreifen - das geht nur nicht von einem Tag auf den anderen.

Werden Sie auch den Vorschlag Köbs aufgreifen, im Frühling und Herbst Skulptur-Ausstellungen im Hof zu machen?

Waldner: Das war ursprünglich mein Vorschlag. Seit einem halben Jahr bitte ich Köb, endlich Vorschläge zu machen. Ein Projekt von ihm mit Sigrun Appelt etwa muss nur noch technisch geklärt und zeitlich koordiniert werden. Im Winter und Sommer wollen wir wie bisher Programm für die breite Öffentlichkeit bieten. Aber Köb möge bitte konkrete Vorschläge für eine Ausstellungsschiene im Frühling und Herbst machen.

Wer soll diese Aktivität dann finanzieren?

Waldner: Das muss Köb natürlich selber finanzieren. Die Benutzung der Höfe ist für alle MQ-Institutionen frei, wenn nur irgendwo klein oben steht: in Kooperation mit dem Museumsquartier.

Der dauernde Streit wirkt langsam recht kleinkariert! Die Fronten sind so verhärtet, es scheint kein vor und zurück mehr zu geben.

Waldner: Das stimmt nicht. Sie nehmen einige - zugegeben wesentliche - von 45 Nutzern heraus. Aber Sie können jedes Problem ganz klar definieren und abhandeln.

Etwa den Vorwurf der Unvereinbarkeit von Facility- und Kulturmanagement?

Waldner: Wo steht es, dass die beiden unvereinbar sind? Im Gesellschafterauftrag ist das so vorgesehen und in jeder großen Kultureinrichtung der Welt ist das Facility- und Kulturmanagement in einer Hand - von Guggenheim, MoMA bis Metropolitan.

Mit Ihren Veranstaltungen im Quartier 21 sollen Sie, heißt es, den Nutzern Konkurrenz machen . . .

Waldner: Diese Rolle wird von mir ohnehin nur in ganz beschränktem Ausmaß ausgeführt. Außerdem bin ich nicht Kulturveranstalter im Quartier 21.

Aber Kurator Vitus Weh hat doch ein eigenes Budget von 90.000 Euro zur Bespielung der Freiflächen im Quartier 21?

Waldner: Das Programm ist nur für einen ganz kleinen Bereich gedacht und durch privates Sponsoring finanziert. Unsere Rolle beschränkt sich nur auf die Vermietung von Räumen an Freie Gruppen. Ich wundere mich, dass die Großen anscheinend Angst vor Konkurrenz durch die Kleinen haben.

Aber im "Freiraum" in Transeuropa werden von Ihnen Ausstellungen organisiert.

Waldner: Im "Freiraum" von Vitus Weh und im Freien hatte ich den Vorwurf vom Vorjahr zu konterkarieren, dass nichts los ist in den Höfen. Jetzt heißt es, es ist zu viel los. Wir sind keine inhaltliche Konkurrenz für die Institutionen. Das sind die Quartier-21-Nutzer.

Und die Kritik an der späten Ausschreibung des Wettbewerbs für die Außenwirkung des MQ?

Waldner: Die Vorbereitung ist nach einem Jahr abgeschlossen, die erste Sitzung der Jury findet vermutlich unter Vorsitz des Architekten Wolf D. Prix im August statt. Das Ergebnis soll bis Jahresende vorliegen. Außerdem muss das Budget sichergestellt werden. Ich habe jetzt 350.000 Euro dafür.

Weitere Aufregung gibt es um angeblich 60.000 Euro, die Sie für das Auswechseln und als Miete für die Schaukästen und Dispenser verlangen sollen.

Waldner: Das ist reine Polemik. Unsere Ziffer beinhaltet natürlich die Investitionskosten von 230.000 Euro. Diese Summe ist allein vom Bund vorgestreckt worden. Und es war klar, dass diese Kosten irgendwann umgelegt werden müssen. Dass dieses Angebot am freien Markt nur 15.000 Euro kosten soll, ist völlig aus der Luft gegriffen. Aber das ist eine rein technische Frage, da wird sich sicher eine Lösung finden.

Ist jede Kritik also völlig unberechtigt?

Waldner: Aus der Sicht mancher Nutzer ist sie sogar berechtigt. Natürlich würden alle gerne mitreden, sprich in der Direktorenkonferenz. Dreimal hat sie funktioniert, wir haben einstimmig Grundregeln festgelegt. In der letzten Sitzung, in der ich dabei war, wurde dann beschlossen: alle Regeln werden abgeschafft und ich hätte mich der Mehrheit zu beugen. Das MQ kann man nicht wie eine Wohngemeinschaft führen, mit basisdemokratischer Abstimmung. Ich kann mich nicht Mehrheitsentscheidungen beugen, die meine Aufgabe beschneiden.

Werden Sie an der Direktorenkonferenz wieder teilnehmen?

Waldner: Wenn wir zu den einstimmig beschlossenen Grundsätzen wieder zurückkehren, bin ich morgen wieder dabei.



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