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11.06.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Ausstellung: Juergen Teller als Künstler | ||
VON ALMUTH SPIEGLER | ||
Die Kunsthalle Wien zeigt Juergen Teller als Künstler: ein Modefotograf auf Selbstfindungstrip. | ||
Es war einmal ein wilder Bub in Buben reuth, am Rande der Fränkischen
Schweiz. Hier, in der Hauptstadt des deutschen Streich- und
Zupfinstrumentenbaus, zwischen romantischen Flusstälern und verwunschenen
Höhlen sollte er den Geigen ihren Bogen spannen. Wie sein Vater schon ihre
Stege baute. Die Mutter kochte Sauerkraut, der Großvater schnitzte Grimms
Märchen in Holz. Doch der Junge hatte Stauballergie und zog aus, mit
seinem bodenständigen Blick der Dinge die Welt zu erobern. Als Fotograf fand sich Juergen Teller wieder, in London,
Mitte der 80er Jahre, wo er Pop-Stars für Jugendmagazine abblitzte. Als er
die damals noch unbekannte Band "Nirvana" vor die Linse bekam, Kurt Cobain
ins richtige, abgefuckte Licht rückte machte er den Grunge
Hochglanz-tauglich. Mit dieser nachlässigen Schmuddel-Ästhetik riss er die
Modewelt aus dem aggressiven Helmut-Newton-Style. Doch, je alltäglicher er
die Topmodels inszenierte, desto glamouröser wurden sie. Ungeschminkt, mit
roten Augen wurden die Engel auf die Erde gezoomt und stehen als Vamps
noch gleißender wieder auf. Denn ihre Fehler geben den Kleiderständern
auch ihre Würde wieder. Amen. Doch Teller wurde langweilig in der Wunder-Werbe-Welt,
die seine Bilder so süchtig inhaliert. Also, ein bisschen Sinnsuche und
Selbsttherapie - zurück in die bayrische Kindheit. Nackt und
lehmbeschmiert fotografiert er sich in einer Höhle, nackt mit tiefen
Einblicken fläzt er sich in der Sauna, nackt mit Bier und Fußball scheint
er auf dem Grab seines Vaters zu triumphieren. Mitten in der Nacht. Ein
starkes Bild. Ein trauriges Bild. Ein Fall für den Analytiker. Aber nein, was Juergen Teller neben seiner Mode-Karriere macht, muss unbedingt als Kunst verkauft werden. Also werden die Kunsthallen der Welt, zur Zeit die Wiener, mit großen und intimen Formaten beschickt, mit so beiläufig wie penibel inszenierten Einblicken in Leben und Leid des Starfotografen. Es gilt, Kataloge von möglichst den besten Kunsttheoretikern füllen zu lassen, Kunstzeitschriften werden mit Interviews bedient und seine Agentin fragt: "Do you like the Show?" Und das ist es im Endeffekt auch. Eine professionell gemachte, etwas ordinäre Show. Lieber hätten wir Tellers originale Kunst gesehen, mit der er berühmt geworden ist. Warum nicht die Mode- und Lifestyle-Strecken aus den Cutting-Edge-Magazinen auf die weißen Wände hängen? Ist es nicht spannender zu sehen, was in diesem Business alles erlaubt ist, was dort zur höchsten Qualität zählt? Interessant wird es immer dann, wenn der Profiblick sich
auf die Schönheit richtet und nicht auf sich selbst. Wenn Teller
Jung-Models, die voll Hoffnung an seiner Türe läuten, in dieser
Schwebesituation zwischen Ruhm und Masse festhält. Oder wenn er Kate Moss
als Eva hinterm Pflaumenbaum arrangiert. Da braucht man sich ihrer
Prominenz auch nicht zu schämen und die Bildunterschrift ans andere Ende
des Raums hängen. Und der Bub aus Bubenreuth kann sich getrost in die
illustre Umarmung der wunderschönen Charlotte Rampling flüchten. Er muss
es nicht nackt tun, wie in der "Kunst"-Serie. Er kann das
Marc-Jacobs-Höschen ruhig anbehalten, wie in der Werbung. Bis 17. Oktober, täglich außer Mittwoch 10-19 Uhr,
Donnerstag bis 22 Uhr. |
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