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20.02.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Ausstellung Secession: Total tolles Theater
"Performative Installationen", Teil vier: "Body Display" in der Secession. Klingt sperrig, ist aber zum Niederknien irreal und mitmachen darf man auch.

Ü
berraschung im Hauptraum der Secession - aus Wiens berühm tem ersten White Cube wurde eine schwarze Box. Bitte näher treten! Überall schimmern Projektionsflächen, tauchen surreale Kulissen aus dem Dunkel auf, flimmern schrille Bilder durch den Raum. Totenstille. Ausweis gegen Kopfhörer eintauschen und total stereo losgehen. Hier wird inszeniert, getäuscht und gespielt. Hier passiert etwas. Trotz super-fadem Titel: "Body Display" aus der fünfteiligen, vom "Siemens Art Program" initiierten Ausstellungs-Serie "Performative Installation", die durch Deutschland und Österreich tourt.

Gemeint ist theatralische Kunst, die Situationen inszeniert, auf die der Beobachter reagieren soll. Das gibt es schon seit den 70ern, ist schön sinnlich und beliebt. Die Ausstellung wird zur Bühne für Körper, Identitäten, Aktionen. Überschneidungen mit dem Theater sind da unvermeidlich, man denke nur an den in allen Genres fluoreszierenden Schlingensief oder, klassischer, an den Berliner Autor und Regisseur René Pollesch, der mit seiner hyper-hysterischen globalisierten Mädchenzimmer-Soap "Heidi Hoh" bei den letzten Festwochen auch in Wien zu sehen war. In der Secession ist Polleschs TV-Produktion "24 Stunden sind kein Tag" vertreten. Seine verzweifelt aus ihren verwirtschaftlichten Leben schreienden Figuren passen auch wie bestellt zur Schau, die den Körper in seinem ökonomischen Umfeld zeigen will.

Genau das hat Swetlana Heger zu ihrem Lebensunterhalt gemacht: Die Künstlerin bietet ihren Körper Luxus-Labels wie Hermès an, die sie dann im Tausch gegen kulturelles Image als Model benützen dürfen. In der Secession prangt ihr Namenszug wie ein elitäres Logo auf braunen Werbetafeln.

Gegenüber produziert sich Andrea Fraser, kreist die Hüften, schwingt das Becken vor, zurück, dass die Fransen am Minimal-Kostüm nur so vibrieren - eine ohne Musik und Karneval-Treiben auf ihre sexuelle Banalität reduzierte Samba-Tänzerin. Als Gegensatz werden Original-Szenen aus Rio eingeblendet - und man steht mitten drinnen in der vor allem durch ihren aufwendigen Aufbau komplizierten Video-Installation.

Geiler die Kulisse, die John Miller anbietet: Hier geht's um Cash. Pulte, Mikros und Glücksrad imitieren Fernseh-Game-Shows, die Kandidaten sind wir. In der Mitte, im Dreck stecken zerstörte Geldscheine und Sex-Shop-Artikel. Der mediale Ausverkauf? Die Symbolik enttäuscht beim Versuch, über sie nachzudenken. Subtiler spielt der junge Brian Dellsperger mit Klischees: Seine dreiteilige Projektion lässt drei synchrone Paare zu schwülstiger Filmmusik eine zweifelhafte Pietà nachstellen: Wer ist hier Mann, wer Frau - in welchem Film bin ich überhaupt? In einer der spannendsten Ausstellungen der Secession in letzter Zeit. Die sich in der Wahrnehmung überschneidenden Installationen der elf Künstler, darunter auch die Wienerin Dorit Margreiter, wirken inspirierend irreal, sind erfolgreich konsumierbar und produzieren flüchtige Illusionen, wie der deutsche Brachial-Künstler John Bock sein schäumendes "Angstschweissweiss", das aus einer Gerümpel-Maschine quillt, die sich durch Schreie speisen soll. Wir müssen es nur glauben.

Bis 18. April. Di.-So. 10-18h, Do.10-20h.

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